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Kurz belichtet 09/2007

Angola will Uran abbauen - Abholzung für Uranabbau - Greenpeace-Soja-Deal - Vorwärts in die Vergangenheit - Deutsche Grüne auf Biosprit-Propagandatour in Brasilien - Widerstand im Osten - Bioenergie gegen heimische Vogelwelt - Hungern für Biosprit - Verdursten für Biosprit - Globale Trinkwasserverschwendung

Angola will Uran abbauen

Nicht nur Erdöl, auch der Atomkraftwerktreibstoffs, Uran, wird knapp. So hat sich in den vergangenen zwei Jahren der Preis für Uran vervierfacht. Anreiz genug für Minenkonzerne und Regierungen, um bestehende Uranminen stärker auszubeuten und neue zu erschließen.

Auch das afrikanische Land Angola will sich nun am neuen Atomkraftboom beteiligen, „um die wirtschaftliche und soziale Entwicklung des Landes voranzutreiben“, sagte jüngst der angolanische Technik- und Forschungsminister João Baptista Ngandajina. Die Regierung hoffe auf ein Abkommen mit China, das wiederum an den noch unangetasteten Uranlagerstätten Angolas interessiert scheint. Laut João Baptista Ngandajina seien mehrere Uranvorkommen in Angola identifiziert, aber den Medien verriet der Minister bislang nicht wo.

Abholzung für Uranabbau

Schon in den kommenden drei Jahren könnte Brasilien aufbereitetes Uran (Yellow Cake) exportieren, so die Ansicht von Samuel Fayad Filho, Direktor der Kernbrennstoffabteilung des staatlichen Nuklearenergieunternehmens Indústrias Nucleares do Brasileiras (INB). Denn Uranabbau scheint aufgrund des extrem angestiegenen Uranpreises zu einem neuen Goldrausch zu werden. Allein in den vergangenen zwei Jahren stieg der Preis des gelben Erzes von rund 30 US-Dollar für das knappe halbe Kilogramm um 430 Prozent auf heute rund 130 US-Dollar. Mit Investitionen von umgerechnet rund 160 Millionen Euro plane deshalb INB den Uranabbau und die Yellowcake-Produktion in seinen Minen von derzeit 400 Tonnen pro Jahr bis 2009 zu verdoppeln. Langfristigen Exportziel: 4.000 Tonnen Yellow Cake jährlich. Möglich ist dies nur durch Ausbeutung  der Uranlagerstätten zunaechst in Ceará (Santa Quitéria) und spaeter im Amazonasgebiet bei Pitanga und in Rio Cristalino, der ehemaligen Fazenda des Volkswagen-Konzerns. Erinnert sich noch jemand an die dramatischen Bilder, als VW damals vor 10 oder 20 Jahren den Wald auf seiner Rinderfarm abfackeln liess?

Greenpeace-Soja-Deal

Im vergangenen Jahr stimmten die Soja-Konzerne Cargill, Bunge, ADM und A.Maggi, verantwortlich für die Zerstörung Tausender von Hektaren Savannenlandschaft (Cerrado) und für die Vertreibung Tausender Menschen von ihrem Land, einem Greenpeace-Moratorium zu, in den nächsten zwei Jahren keinen Amazonasregenwald für Soja abzuholzen und menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen auf ihren Plantagen ein Ende zu setzen. Leichtes Spiel für die Soja-Bosse, weshalb sich auch Supermarktketten wie Carrefour und Lidl dem Moratorium anschlossen: Denn zum einen holzen die Soja-Konzerne in erster Linie den Cerrado-Wald ab oder übernehmen bereits von „anderen“ abgeholzte Flächen - und zum anderen sind die Soja-Plantagen extrem mechanisiert und benötigen außer den in der Regel für brasilianische Verhältnisse „normal“ bezahlten Maschinenführern so gut wie keine Arbeitskräfte. Nichtsdestoweniger lobte Greenpeace die Konzerne, weil sie ihr Versprechen bislang einhielten.

Vorwärts in die Vergangenheit

Als Kayapó-Häuptling Bepkororoti Paulinho Paiakan 1989 gegen ein gigantisches Staudammprojekt am Rio Xingu im Amazonien kämpfte, stritt er nicht nur für sein Volk, die  Kayapó, sondern auch für das Überleben anderer vom Staudammprojekt betroffener Indianervölker. Damals stemmten sich gerade auch deutsche Umweltschutzgruppen gegen das Wasserkraftprojekt, das schließlich auch aufgrund dieser internationalen Proteste in den Schubladen der Wasserbauingenieure verschwand. Nun mit der Regierung Lula ist eben dieses Staudammprojekt, diesmal unter dem Namen „Belo Monte“, wieder auf dem Tablett. Unterschied: Die Kayapó kämpfen bislang so gut wie alleine dagegen an. Noch keine deutsche Umwelt- oder Regenwaldschutzorganisation machte bisher Kampagne gegen das neue, alte Staudammprojekt Belo Monte.

Deutsche Grüne auf Biosprit-Propagandatour in Brasilien

Namhafte Vertreter der deutschen Grünen wie  die Ex-Minister Jürgen Trittin und Bärbel Höhn besuchten Anfang Juli Brasilien und verbreiteten im brasilianischen São Paulo das hohe Lied vom angeblich nachhaltigen Biotreibstoffanbau, den man "realistisch aber kühn" vorantreiben müsse. Während dieser sommerlichen Auslandsreise trafen sich die Grünen Abgeordneten unter anderem auch mit Managern der Agrartreibstoffindustrie, um, wie es in der Mitteilung der Heinrich-Böll-Stiftung heißt, die Ethanol- und Biodiesel-Realität aus der Nähe kennen zu lernen. Trittin lobte schließlich auch Lulas Ethanol-Helden für ihre "große technische und logistische Erfahrung".

Widerstand im Osten

Die Brandenburger wollen nicht in Energieplantagen ersticken. Deshalb wächst dort derzeit der Widerstand gegen große Biogasanlagen, die ihre „Energie“ aus Maismonokulturen beziehen.

Bioenergie gegen heimische Vogelwelt

Wie die Journalistin Jutta Blume des Neuen Deutschland berichtet, werden bis 2020 - nach Schätzungen des Fachverbands Biogas - rund 45 000 Biogasanlagen in Betrieb sein, etwa elfmal so viele wie heute. Doch schon jetzt machten sich die Umstellungen in der Landwirtschaft vom Nahrungsmittel- zum Energiepflanzenanbau bemerkbar. Selbst die einst aus „Naturschutzgründen“ still gelegten Ackerflächen werden zunehmend für den Anbau nachwachsender Rohstoffe genutzt. Besonders umweltschädlich: Der „energieoptimierte Mais“, da er viel Wasser verbrauche, wegen seines späten Wachstums die Bodenerosion fördere und heimischen Tieren kaum Lebensraum biete. Aber problematisch sei ebenso Energie-Getreide, denn für die Biogasanlagen werde das Getreide früher geerntet, was die auf dem Acker brütende Vögel leider (noch?) nicht wissen und deshalb viele Jungvögel für diese „Bioenergie“ ihr Leben lassen müssen. „Problematisch für die Umwelt“, so Jutta Blume“, seien zumeist Betriebe, die sich schwerpunktmäßig auf Energiepflanzen verlegt haben und häufig organisches Material zukaufen müssten. Doch müssen die Rohstoffe mehr als fünf Kilometer transportiert werden, sei dies ökologisch nicht mehr sinnvoll.

Hungern für Biosprit

Rafaël Schneider, Ernährungsexperte der Deutschen Welthungerhilfe, der TAZ in Berlin jüngst diktierte, habe der westliche Hunger nach Bioenergie einen „ganz verheerenden“ Einfluss auf die Nahrungsmittelversorgung in den südlichen Ländern. Schneider: „So werden in den Entwicklungsländern statt Getreide Ölsaaten angepflanzt, die dann bei uns im Tank landen. Damit steigen die Preise für Nahrungsmittel, die für die Armen zu teuer werden. Zudem fehlen die Flächen, auf denen die Bauern Nahrungsmittel anbauen könnten.“ Schlimm sei es derzeit in Angola, wo gerade die Anbaufläche von Palmöl verzehnfacht werde.

Verdursten für Biosprit

Der schwedische Wasserexperte Jan Lindqvist wies gegenüber der Frankfurter Rundschau (FR)  kürzlich darauf hin, dass in wenigen Jahren der Anbau von Energiepflanzen so viel Wasser verschlingen würde, wie die gesamte Landwirtschaft benötige.  Der Wasserbedarf für Energiepflanzen werde laut FR auf 1200 bis 3500 Milliarden Kubikmeter Wasser pro Jahr geschätzt. Man benötige etwas mehr als 200 Kilogramm Mais und 400 Liter Trinkwasser um 100 Liter Ethanol herzustellen.

Globale Trinkwasserverschwendung

Lediglich etwa 10 Prozent des derzeit von der Menschheit verbrauchten Trinkwassers dient wirklich der menschlichen Wasserversorgung. Etwa 70 Prozent hingegen werden in der bewässerten Landwirtschaft und 20 Prozent von der Industrie verbraucht.

 

Norbert Suchanek

Journalist und Autor
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E-Mail: norbert.suchanek@online.de