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Fisch mit neuem Etikett

Die gemeinnützige Organisation Marine Steward Ship Council verschärft die Standards für ihr MSC-Gütesiegel, das die nachhaltige Fischerei zertifizieren soll. Doch der Meeresbiologe Rainer Froese vom Geomar-Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung urteilt: „kein Fortschritt“.

Das MSC-Siegel soll Verbrauchern eine Hilfe bieten, welchen Fisch sie guten Gewissens essen können, ohne dass die Meere vollends geplündert werden. Das blaue Signet mit stilisiertem Fisch ist das weltweit bedeutendste Gütesiegel dieser Art. Nun sind die Kriterien, nach denen es vergeben wird, überarbeitet worden. Sie seien jetzt „strenger“, sagte David Agnew, Chefwissenschaftler des MSC. Dies werde sich „positiv auf die Nachhaltigkeit unserer Meeresressourcen auswirken“.

Die Meere sind überfischt. Mittlerweile sind Opens external link in new windownach Schätzungen der Welternährungsorganisation FAO knapp 29 Prozent der weltweit genutzten Fischbestände übernutzt, gut 61 Prozent werden bereits maximal ausgebeutet.

MSC-Beständen geht es besser

Dem will das MSC - genau wie Opens external link in new window„Friend of the Sea“ - etwas entgegensetzen. Erst Anfang September hat der MSC seinen Fortschrittsbericht 2014 veröffentlicht. Demnach nutzen die Fischer seltener den Meeresboden schädigende Grundschleppnetze. Auch fangen sie weniger Fische, die zu klein sind. Den Beständen geht es besser. Die MSC-zertifizierten Fischereien Opens external link in new windowliefern zehn Prozent der weltweiten Fangmenge. 25.000 Produkte tragen das Siegel.

Doch das ist seit langem umstritten. Grundsätzlich sollen die Fischer zwar nur so viel Fisch fangen, wie nachwachsen kann. Die Fangmethoden dürfen auch nicht den Lebensraum schädigen. Zudem muss es ein Fischfangmanagement geben. Die Fischereien werden jedes Jahr überprüft und müssen nach fünf Jahren die Zertifizierung erneut durchlaufen. Doch Umweltschützer wie Greenpeace Opens external link in new windowkritisierten die konkreten Standards als zu lax.

In den letzten 24 Monaten haben Umweltschützer, Meeresbiologen und Vertreter der Fischereiindustrie die neuen Kriterien zusammen ausgearbeitet. Opens external link in new windowDer MSC Standard umfasst mit Erläuterungen mehr als 800 Seiten. Im April 2015 sollen die neu bestimmten Regeln, Version 2.0, genannt, in Kraft treten.

Dann müssten, so erklärt der MSC, Fischereien zum Beispiel „regelmäßig“ Maßnahmen zur Minderung des Beifangs „prüfen“. Auch werde die Überwachung des Finning-Verbots „gestärkt“. Finning bezeichnet das Abtrennen von Flossen bei Haien, die dadurch schwimmunfähig werden und verenden. Und „Unternehmen, die für den Einsatz von Zwangsarbeit verurteilt werden, sind künftig für eine MSC-Zertifizierung unzulässig“.

Darüber hinaus sollen empfindliche marine Ökosysteme einer „gesonderten Betrachtung“ unterzogen werden. Für Philipp Kanstinger, der die Verhandlungen für den WWF verfolgt hat, ist dies die „wichtigste Neuerung“. Denn dies bedeute, dass kein „weiterer Schaden an sensiblen Lebensräumen wie Tiefseeschwammwäldern, Korallengärten oder Seegraswiesen angerichtet werden darf“.

Auch sonst sieht Kanstinger Verbesserungen: „Die Bestandsziele wurden genauer definiert und die Zertifizierungsergebnisse werden strenger von unabhängiger Seite kontrolliert“.

Dorsch geht es schlecht

Für den Kieler Meeresbiologen Rainer Froese vom Geomar-Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung ist die MSC-Version 2.0 indes „kein Fortschritt“. Froese erklärt das am Beispiel des Dorschs. Wissenschaftler hätten für das nächste Jahr eine deutliche Verringerung der Fänge um 20 Prozent vorgeschlagen. Dem sei man aber nicht nachgekommen. Dem Fisch in der Ostsee gehe es schlecht. Er fände zu wenig zu fressen, weil etwa die Sprotten aus dem Meer herausgefischt würden. Froese moniert: „Trotz seines schlechten Zustands und dieses schlechten Managements darf der Dorsch weiterhin das MSC Siegel tragen.“

Sollen Verbraucher beim Fischkauf überhaupt auf das Gütesiegel MSC achten? „Die Fischer machen sich immerhin Gedanken über ihre Fischbestände. Darum ist mit Siegel noch immer besser als ohne“, meint Froese.

Quelle: „Rat für Nachhaltige Entwicklung“, Opens external link in new windowwww.nachhaltigkeitsrat.de