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Ökogas: Keine aussagekräftigen Gütesiegel, aber immerhin etablierte Standards

Im Unterschied zu Ökostrom gibt es bei Ökogas keine Gütesiegel

Ökostrom und Ökogas werden häufig in einem Atemzug genannt, doch steckt der Unterschied im Detail. Ökogas-Tarife bestehen meist zu 90 bis 100 Prozent aus konventionellem Erdgas, da die Gewinnung und Weiterverarbeitung von Biogas noch zu aufwendig bzw. teuer ist. Vereinzelt haben Anbieter reines Biogas im Programm, doch können diese Tarife preislich nicht mit anderen Ökogas-Angeboten konkurrieren. Gütesiegel, die ökologisch gesinnten und wechselwilligen Verbrauchern ihre Entscheidung erleichtern, gibt es beim Ökogas (noch) nicht — aber es gibt etablierte Standards, die Orientierung bieten.

Warum heißt Ökogas Ökogas, wenn ich „normales“ Erdgas geliefert bekomme?

Bei der Gewinnung von Erdgas, seinem Transport und seiner Verarbeitung entstehen klimaschädliche Effekte. Anbieter von Ökogas-Tarifen verpflichten sich, für diese Schäden Wiedergutmachung zu leisten. Die Form dieser Kompensation ist ihnen selbst überlassen. Die meisten Anbieter entscheiden sich für Aufforstungsprojekte, die Förderung von Projekten und Anlagen zur regenerativen Energieerzeugung oder für einen finanziellen Ausgleich durch Emissionszertifikate. Ökogas-Standards legen genau definierte Kriterien fest, um den tatsächlichen Nutzen der Kompensationsbemühungen für die Umwelt und ihre Nachhaltigkeit zu dokumentieren.

Welche Standards gibt es, und wo liegen die Unterschiede?

Zu den bekanntesten Standards gehören der Clean Development Mechanism (CDM) und Joint Implementation-Projekte (JI). Sie gehen auf das Kyoto-Protokoll zurück und unterscheiden sich hauptsächlich in der Auswahl der Länder, in denen Klimaschutz-Projekte durchgeführt werden können. Zwar gehen diese Standards das Umweltproblem sinnvollerweise global an, doch haben wichtige Staaten wie die USA das Kyoto-Protokoll bis heute nicht ratifiziert.

Mit VER+ und den Siegeln „Klimaneutrale Gasverbrennung“ bzw. „Klimaneutrales Gasprodukt“ haben der TÜV Süd und der TÜV Nord eigene Forderungskataloge definiert. Sie ermöglichen unter anderem die Verwendung der strengen Kyoto-Vorgaben für Maßnahmen, die nicht unter die formellen Vorgaben des Kyoto-Protokolls fallen.

Der Verified Carbon Standard (VCS) und der unter anderem vom WWF initiierte Gold Standard sind ebenfalls relativ weit verbreitet und anerkannt. Darüber hinaus gibt es zahlreiche weitere Standards, deren aussagekräftige Beurteilung in der Regel nur entsprechend ausgebildeten Fachleuten möglich ist.

Weitere Informationen: Auf kwh-preis.de sind ausführliche Informationen zu den Ökogas Standards veröffentlicht

Für Verbraucher ist die Marktsituation unbefriedigend

Wechselwillige Verbraucher müssen mit viel Idealismus und Zeit ausgestattet sein, wenn sie sich bewusst für einen ökologisch wertvollen Ökogas-Tarif entscheiden wollen. Die gängigen Standards sind kein gleichwertiger Ersatz für die beim Ökostrom etablierten Gütesiegel. Zu der Vielzahl an unterschiedlichen Angeboten kommt erschwerend hinzu, dass hinter den Kriterien oftmals komplizierte und für den Laien kaum zu durchschauende Rechenmodelle stehen. Eine gemeinsame Anstrengung der Marktteilnehmer für die Einführung verbindlicher Gütesiegel könnte der Ökogas-Branche einen großen Schub verleihen.