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Auch Amazonien vom Uranbergbau bedroht

Die Entscheidung ist gefallen. Brasilien wird ab 2009 eine zweite große Uranmine errichten und dabei erstmals in der Geschichte des Landes eine private Firma beteiligen.

Den Zuschlag für die Ausbeutung der Uran-Phosphatmine Santa Quitéria im Nordostbundesstaat Ceará bekam das brasilianische Unternehmen Galvani Mineração. Santa Quitéria wird die bislang größte Uranmine Brasiliens sein mit einer Kapazität von 1600 Tonnen Uranoxid (Yellowcake) pro Jahr.

Bislang produziert Brasilien im bestehenden Uranminenkomplex Caetité und Lagoa Real im Südwesten Bahias 400 Tonnen Yellowcake jährlich. Doch das staatliche Nuklearunternehmen Industriás Nucleares do Brasil (INB) will die Ausbeute in Bahia in den nächsten Jahren auf 800 Tonnen verdoppeln. Hintergrund für diesen Uranboom ist der steigende Weltmarktpreis für den Kernbrennstoff sowie der beschlossene Bau des seit über 20 Jahren umstrittenen, dritten brasilianischen Atomkraftwerks, Angra 3, der noch in diesem September beginnen soll. Außerdem sieht der vorläufige Nationale Energieplan, Plano Nacional de Energia (PNE), der Regierung Lula da Silva den Bau von vier weiteren Atomkraftwerken, zwei im Nordosten am Rio Sao Francisco und zwei im Süden Brasiliens, vor.

Deshalb ist der forcierte Uranbergbau in Bahia und in Ceará erst der Anfang eines neuen, brasilianischen Atomindustriebooms: Das größte Lateinamerikanische Land besitzt die weltweit sechstgrößten Uranvorkommen, und das obwohl erst ein Drittel des Landes daraufhin untersucht wurde. Die bereits bekannten Lagerstätten liegen sowohl im Süden Brasiliens wie auch im Nordosten und vor allem in Amazonien.

Auf der Uranausbeutungsliste von Industriás Nucleares do Brasil (INB) ganz oben steht die Lagerstätte Rio Cristalino auf der ehemaligen Regenwald-Fazenda von Volkswagen (VW do Brasil) im Bundesstaat Pará. Dort sind rund 150.000 Tonnen Uran zu heben. Riesige Uranvorkommen sollen auch im Indianerreservat der Yanomami im Bundesstaat Roraima liegen. Um die industrielle Ausbeutung dieser und anderer Bodenschätze in Indianerreservaten zu legalisieren, ist die brasilianische Regierung gerade dabei, ein besonderes Regelwerk zu schaffen, das eine finanzielle Entschädigung für die betroffenen indigenen Völker vorsieht.

Während Politik und brasilianische Massenmedien den neuen Atomindustrieboom für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes meist in rosaroten Tönen ausmalen, fallen die strahlenden Gefahren des Uranabbaus, radioaktive Abfallberge, Verseuchung von Grundwässer und Oberflächengewässer, erhöhte Krebsraten der betroffenen Bevölkerungen in der Regel unter den Tisch. Atom-Kritiker kommen selten zu Wort, wohingegen Kritiker von Umweltschutzorganisationen, die sich gegen die Ausbeutung der Bodenschätze aussprechen, derzeit Hochkonjunktur haben. Den Umweltschützern wird beispielsweise vorgeworfen, dass sie die Indigenen gegen die brasilianische Regierung aufhetzten und dass sie die grenznahen Indianerreservate internationalisieren, sprich vom brasilianischen Staat loslösen und ihn damit um seine strategischen Bodenschätze berauben wollen.

Norbert Suchanek, Rio de Janeiro

Norbert Suchanek
Journalist und Autor
Internet: www.norbertsuchanek.org
E-Mail: norbert.suchanek(at)online.de