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Energiewende: Rufe nach systematischer Umsetzung werden lauter

Hans-Peter Keitel, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), hat am 19. Januar „eindeutige Verantwortlichkeiten“ für die Umsetzung der von der Bundesregierung eingeleiteten Energiewende gefordert. Diese fehlten bislang. Keitel kritisierte, dass noch zu oft unklar bleibe, „wofür Wirtschafts- oder Umweltpolitik, wofür Bund oder Länder die Verantwortung tragen“.

Weitere Wirtschaftsverbände hadern mit der aus ihrer Sicht nur unzureichenden Fortschrittsüberwachung der Energiewende. Auch eine zentrale Empfehlung der von der Bundesregierung berufenen Ethik-Kommission „Sichere Energieversorgung“ harrt noch ihrer Umsetzung. Das beschäftigt jetzt den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags. 

Martin Kneer, Hauptgeschäftsführer der WirtschaftsVereinigung Metalle, erinnerte einen Tag vor BDI-Präsident Keitel daran, dass die Politik mit der Energiewende eine große Verantwortung übernommen habe. Dazu gehöre auch, „dass sie bei Fehlentwicklungen nicht tatenlos zusehen darf, sondern nachjustieren muss“. Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Baustoffe — Steine und Erden, Michael Basten, ergänzte, die Umsetzung der Energiewende verlange ein vorausschauendes Projektmanagement. Ein Monitoring könne dabei nur ein erster Schritt sein. Basten und Kneer vertreten als Sprecher die Energieintensiven Industrien in Deutschland (EID).

Als den von Basten angesprochenen ersten Schritt zur Fortschrittsüberwachung hatte die Bundesregierung im Oktober den Monitoring-Prozess „Energie der Zukunft“ eingeleitet. Dem Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) und dem Bundesumweltministerium (BMU) wurden darin unterschiedliche Zuständigkeiten übertragen: Während sich das BMWi um Netzausbau, Kraftwerkszubau, Ersatzinvestitionen und Energieeffizienz kümmert, beobachtet das BMU den Ausbau der erneuerbaren Energien. Die Ministerien sollen jährlich über den Stand der Energiewende berichten und jedes dritte Jahr zusätzlich einen Fortschrittsbericht erstellen. Eine Expertenkommission begleitet das Monitoring.

Die Bundesregierung berief sich zum Start dieses Prozesses auf die Arbeiten der von ihr eingesetzten Ethik-Kommission „Sichere Energieversorgung“ — blieb jedoch hinter deren Empfehlung zurück: Die 17 Mitglieder der Kommission hatten in ihrem Abschlussbericht Ende Mai 2011 auf die umgehende Berufung eines unabhängigen Parlamentarischen Beauftragten für die Energiewende beim Deutschen Bundestag gedrängt. Dieser sollte das „Monitoring und Controlling des Energieprogramms der Bundesregierung organisieren und kontrollieren“ und „mindestens jedes Jahr“ oder öfter einen Energiewende-Bericht veröffentlichen, um darzulegen, „ob die getroffenen Maßnahmen tatsächlich zu den gewünschten Zielen führen“.  

Bislang wurde dieser Beauftragte nicht berufen — was inzwischen den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages beschäftigt. Eine entsprechende Eingabe hat Olaf Achilles, Autor des Buchs „Solarstaat. Energiekehre statt Energiewende“ mit Schreiben vom 21. November 2011 in den Ausschuss eingebracht. Er fordert den Bundestag darin auf, baldmöglichst einen „Parlamentarischen Beauftragten für die Energiewende“ zu wählen und zusätzlich bei der Bundesregierung auf die Einberufung eines „Nationalen Forum Energiewende“ hinzuwirken. Die Ethik-Kommission hatte die Einrichtung dieses Forums empfohlen, um Bürger und Verbände in den Umbau der Energieversorgung einzubinden.

Der Ausschuss behandelt die Eingabe jetzt im Zuge des allgemeinen Petitionsverfahrens, lehnt es jedoch ab, diese als öffentliche Petition zu behandeln. Begründet wurde dies laut Achilles nicht. Dritten bleibt die Unterstützung seines Anliegens, die bei einer öffentlichen Petition via Internet möglich wäre, damit versperrt. Achilles nennt das einen „beispiellosen Vorgang“. Die Umsetzung der Energiewende, sagt er, gehe alle Menschen in Deutschland an. Deswegen seien die Kontrolle von Fortschritten durch einen Parlamentsbeauftragten und die Mitwirkung der Öffentlichkeit über ein öffentliches Forum alternativlos. „Verzichtet die Politik bei dieser Jahrtausendaufgabe auf die Kontrolle durch den Bundestag und die Expertise der Zivilgesellschaft, ist das allenfalls noch absurd.“

Quelle: „Rat für Nachhaltige Entwicklung“, www.nachhaltigkeitsrat.de