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Erfolg der Erneuerbaren bringt neue Herausforderungen

Die erneuerbaren Energien setzen sich in Deutschland durch. Das zeigen zwei neue Untersuchungen der Initiative Agora Energiewende und des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Einerseits wurden 2015 die Regenerativen laut Agora zur „dominierenden“ Größe im Strommix, andererseits steigt der Eigenverbrauch von Solarstrom, den Verbraucher selbst erzeugen. Aus beidem ergeben sich Herausforderungen, die 2016 auf der energiepolitischen Tagesordnung stehen.

„Jede dritte Kilowattstunde Strom (32,5 Prozent), die hierzulande verbraucht wurde, stammte aus Wind-, Solar, Wasser und Bioenergiekraftwerken“, Öffnet externen Link in neuem Fensterschreibt die Denkfabrik Agora in ihrer Bilanz des Jahres 2015. „Im Vorjahr waren es noch 27,3 Prozent.“ Mit einem Zuwachs ihres Anteils am Strommix von fünf Prozentpunkten im Vergleich zu 2014 hätten die Erneuerbaren „als mit Abstand wichtigste Energiequelle erstmals das Stromsystem dominiert“, so Agora.

An Öffnet externen Link in neuem Fensterzweiter Stelle folgte die Braunkohle mit 24 Prozent, an dritter die Steinkohle mit 18,2 Prozent. Dann kamen Atomenergie und Erdgas.

Debatte über die Abschaltung der Kohlekraftwerke

Agora weist darauf hin, dass am 23. August 2015 „in der Spitze 83 Prozent“ des Stromverbrauchs aus Öko-Kraftwerken gedeckt wurden. Aufgrund des hohen Angebotes an Elektrizität sank der Strompreis an der Börse im vergangenen Jahr auf gut drei Cent pro Kilowattstunde. Da die Kohlekraftwerke 2015 nur etwas weniger produzierten als im Jahr zuvor, wurde viel Kohlestrom exportiert.

„Die Klimabilanz des deutschen Stromsystems hat sich deshalb im vergangenen Jahr kaum verbessert, die Gesamt-Treibhausgasemissionen Deutschlands sind sogar leicht angestiegen“, sagt Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende. Wenn die Bundesregierung ihre Ziele zum Schutz des Klimas einhalten wolle, müsse sie deshalb eine „Strategie zur Dekarbonisierung“ ausarbeiten, so Graichen.

Dieses Thema hat Bundesumweltministerin Barbara Hendricks auf die Öffnet externen Link in neuem Fensterenergiepolitische Tagesordnung für 2016 gesetzt. In ihrer Regierungserklärung vor dem Bundestag anlässlich der Weltklima-Konferenz von Paris im Dezember 2015 sagte sie: „Im kommenden Jahr werde ich Ihnen den Klimaschutzplan 2050 vorstellen.“

Das Bundeskabinett werde den Plan vor der Sommerpause 2016 beschließen, so Hendricks. Bis Mitte dieses Jahrhunderts werde es in Deutschland keine Energiegewinnung aus Kohle, Gas und Öl mehr geben.

Um die Debatte voranzutreiben, Öffnet externen Link in neuem Fensterschlug Agora im Januar 2016 vor, einen Kohlekonsens ähnlich dem Atomkonsens des Jahres 2000 auszuhandeln. Die Betreiber der Kohlekraftwerke und Tagebaue sollten mit Gewerkschaften, Politik und weiteren Beteiligten die planmäßige Abschaltung aller Anlagen bis 2040 aushandeln.

Steigender Eigenverbrauch von Solarstrom bringt Netz-Problem

Parallel zu dieser Debatte weist das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) Öffnet externen Link in neuem Fensterauf weiteren Handlungsbedarf hin, der sich aus dem steigenden Anteil regenerativen Stroms ergibt. Die Produktionskosten und Fördersätze für Solarstrom seien mittlerweile so gesunken, dass es sich für Betreiber kleiner Photovoltaikanlagen beispielsweise auf Hausdächern eher lohne, die Elektrizität selbst zu verbrauchen, als sie ins öffentliche Netz einzuspeisen.

Dann aber sei der Strom für den Eigenverbrauch von der Umlage für die Netzkosten befreit, schreibt das DIW. Die Folge: Bei zunehmendem Eigenverbrauch würden sich immer mehr kleine private Energieproduzenten aus der Finanzierung der öffentlichen Netze verabschieden, wodurch die Kosten für die übrigen Verbraucher stiegen. Auf die Dauer werfe dies unter anderem Gerechtigkeitsfragen auf, so das DIW. 

Als eine Lösungsmöglichkeit stellt das DIW unter anderem die Einführung von Sondertarifen für Eigenverbrauch zur Diskussion. Nach einer entsprechenden gesetzlichen Änderung könnten Energieversorger den Eigenverbrauch mit anteiligen Netzkosten belasten. Dabei müsse man allerdings genau beobachten, ob der Eigenverbrauch nicht zu unattraktiv werde, sagte Nils May vom DIW. Sonst könne eine derartige Änderung negative Folgen für den Ausbau der Solarenergie mit sich bringen.

Quelle: „Rat für Nachhaltige Entwicklung“, Öffnet externen Link in neuem Fensterwww.nachhaltigkeitsrat.de