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Hilfe für bedrohte Berggorillas im Kongo durch deutsche Umweltschutzorganisation

Dank einer großzügigen Spende der Firma Steiff und des Stuttgarter zoologisch-botanischen Gartens Wilhelma an die Berggorilla & Regenwald Direkthilfe e.V. (B&RD) erhalten Wildhüter des Virunga-Nationalparks gute Kleidung für ihre Arbeit. Unermüdlich sind sie im unwegsamen tropischen Regenwald im Einsatz, um das Überleben der letzten Berggorillas zu sichern. Die Spende soll unmittelbar diesen vom Aussterben bedrohten Tieren zukommen. B&RD unterstützt seit über 20 Jahren gezielt Projekte zum Schutz der Berggorillas und ihrer Lebensräume.

Die Gorillawaise Mary Zwo in der europäischen Aufzuchtstation der Stuttgarter Wilhelma © Wolfram Rietschel

Ndeze, Gorillawaise nach einem Massaker an ihrer Familie im Juli 2007, lebt heute in der Aufzuchtstation in Goma. Hier mit ihrem Betreuer André Bauma. © DFGFI

Stuttgart. Seit Anfang Juli hat der Stuttgarter Zoo eine neue Attraktion: das wenige Wochen alte Gorillamädchen Mary Zwo. Eigentlich kam es im Zoo von Münster zur Welt. Seine junge, unerfahrene Mutter Gana begann es jedoch zu vernachlässigen, als es 6 Wochen alt war. Das völlig geschwächte Tierkind musste zur Notversorgung in die Intensivstation der Kinderklinik in Münster und wurde dort - abgeschottet vom üblichen Klinikbetrieb - aufgepäppelt. Am 2. Juli schließlich kam das Gorillamädchen in die Stuttgarter Wilhelma. Dort befindet sich die europäische Aufzuchtstation für Menschenaffen. Hier konnte sich Mary Zwo hinter den Kulissen erst einmal erholen. Aufgrund dieses Neuzugangs bot die Margarethe Steiff GmbH an, in Zusammenarbeit mit der Wilhelma eine Sonderedition herzustellen: Mary Zwo zum Kuscheln, Spielen und Verschenken, als Stofftier mit dem berühmten Knopf im Ohr. Ein Teil des Verkaufserlöses der Plüschtiere geht an die deutsche Umweltschutzorganisation B&RD.

"Schon seit vielen Jahren arbeiten wir mit der Wilhelma zusammen, um die Öffentlichkeit auf die Bedrohung der Menschenaffen in Afrika aufmerksam zu machen", sagt Dr. Angela Meder von der Berggorilla & Regenwald Direkthilfe, "und wir freuen uns natürlich sehr, dass der Zoo auch diesmal wieder unsere Arbeit unterstützt".

Junge Berggorilla-Waisen in Afrika

Auch in der freien Natur kommt es vor, dass Gorillamütter ihre Jungen unsicher oder sogar nachlässig behandeln. Derlei Verhalten wurde vor allem bei erstgebärenden Müttern beobachtet. Und auch in Afrika müssen kleine Gorillas immer mal wieder als Waisenkinder aufwachsen. Allerdings hat dies meist ganz andere, für demokratie- und sicherheitsgewohnte Europäer unverständliche Ursachen: So wurden erst in den vergangenen Sommermonaten im Ostkongo im Mikeno-Sektor des Virunga-Nationalparks zweimal Gorillagruppen angegriffen und dabei vier Gorillamütter, ein junges Weibchen und der Silberrückenmann der Gruppe von Unbekannten brutal abgeschlachtet. Von den vier Säuglingen der getöteten Mütter wurden zwei von den Parkrangern gefunden. Die kleine Ndakasi klammerte sich noch an ihre tote Mutter, Ndeze wurde in Begleitung ihres älteren Bruders gesehen. Beide Säuglinge waren vollständig entkräftet und dehydriert. Sie konnten in die Aufzuchtstation in Goma gegeben werden, wo sie - mit Mitteln der kongolesischen Naturschutzbehörde ICCN, des Mountain Gorilla Veterinary Project und vom Dian Fossey Gorilla Fund International - versorgt werden. Wenige Wochen alte Gorillasäuglinge sind ohne ihre Mutter in der Natur genauso wenig überlebensfähig wie in einem europäischen Zoo. Während der ersten drei Monate tragen Gorillamütter ihre Kinder rund um die Uhr am Körper. Berggorillakinder werden, weiß Jörg Hess, Zoologe und Spezialist für Mutter-Kind-Beziehungen bei Gorillas, bis zum vierten Lebensjahr gestillt, nehmen aber schon ab dem vierten oder fünften Monat auch andere Nahrungsmittel in kleinen Portionen zu sich. Vorher allerdings sind sie auf die Ernährung mit Muttermilch angewiesen. Ist diese nicht mehr verfügbar, trocknen die Kleinen schnell aus und verhungern.

Mission possible: Wildhüter schützen Berggorillas

Auch wenn die Unesco seit 1994 den Virunga-Nationalpark in ihrer Weltnaturerbeliste führt, sind die Berggorillas vielfach bedroht: durch Milizionäre, die seit den 1990er Jahren aufgrund der instabilen politischen Lage im Grenzgebiet zwischen Kongo, Ruanda und Uganda nahezu ungehindert die Nationalparks durchziehen; durch Wilderer, die auch Gorillas töten; durch Abholzung der Wälder und durch die Beschränkung des Lebensraumes in einer der am dichtest besiedelten Gegenden der Erde. Und ebenso gefährdet sind die Parkranger. Wiederholt wurden ihre Stationen angegriffen und ausgeplündert. In den letzten zehn Jahren kamen mehr als 100 Wildhüter des ICCN ums Leben. Die Ranger machen ihre Arbeit mit großem Idealismus und vollem Einsatz. Auch dann, wenn ihre ohnehin niedrigen Gehälter nicht ausgezahlt werden, was immer wieder einmal vorkommt.

Das Geld vom Verkauf der Mary-Zwo-Sonderaktion wird B&RD den Wildhütern des Mikeno-Sektors zugute kommen lassen. Täglich patrouillieren die Ranger im unwegsamen Gelände und überprüfen, wie es den verschiedenen Gorillagruppen geht. Unterwegs entfernen sie Drahtschlingen und zerstören Fallen der Wilderer. "Es fehlt an den grundlegenden Ausrüstungsgegenständen, wie Regenjacken, wasserdichten Hosen oder Gummistiefeln", sagt Maryke Gray, B&RD-Kontaktperson beim internationalen Gorillaschutzprogramm IGCP. Neben dem Schutz der Gorillas und ihres Lebensraumes tragen die Wildhüter zur Umwelterziehung der Anwohner bei und sie betreuen die Gorilla-Touristen, eine wichtige Einnahmequelle für die wirtschaftlich gebeutelten Länder. Mit den Geldern aus dem Verkauf des Mary-Zwo-Plüschtiers wird B&RD außerdem wieder eine Kooperative afrikanischer Frauen beauftragen, Pullover für die Wildhüter zu stricken. Diese können warme Kleidung im Gelände um den 4437 Meter hohen Mount Mikeno gut gebrauchen. Nette Gesten, mag mancher über solcherlei Basisversorgung denken. Aber genau diese sind es, die die unermüdliche Arbeit der Ranger würdigen und erleichtern und damit das Leben der letzten großen Menschenaffen sicherer machen.

Gorillas brauchen Gemeinschaft - auch Waisen

Nach der Quarantänezeit im Stuttgarter Zoo wurde Mary Zwo schrittweise an ihre Artgenossen, an die neuen Gehege und die Besucher gewöhnt. Sie hat sich im Jungtier-Aufzuchthaus eingelebt und ist regelmäßig mit dessen anderen Bewohnern in Kontakt, die aus Barcelona, Berlin und Heidelberg kommen. Bei der ersten Begegnung mit ihren neuen Gefährten war Beriechen, Streicheln und mit den Lippen Berühren erlaubt. Vorsichtig fuhr der fast vierjährige Stiefbruder Mary Zwo mit der Hand über den Kopf. Seit Ende Juli ist Mary Zwo täglich mehrere Stunden mit ihren neuen Familienmitgliedern zusammen. Nach ihrer Zeit in der kongolesischen Aufzuchtstation in Goma werden die beiden Waisenkinder Ndakasi und Ndeze voraussichtlich ausgewildert: Sie müssen sich dann einer neuen Gorillagruppe anschließen. Noch einmal eine schwierige Zeit für die jungen Tiere, aber eine Chance fürs Überleben der Berggorillas in Freiheit.