Sie befinden sich hier:
Startseite->Artikel->Müssen es Mehlwürmer sein?

Müssen es Mehlwürmer sein?

Der Generalsekretär des Rates für Nachhaltige Entwicklung spricht mit der Fernsehköchin Sarah Wiener darüber, wie nachhaltiges Catering funktioniert — und wo es Grenzen gibt.

Am Abend gibt es gesalzenes Walnusskrokant mit Mehlwurm und Parmesanchips mit Buffalowurm zur Auswahl. Fernsehköchin Sarah Wiener, die selbst einen Bio-Bauernhof in Brandenburg betreibt, und ihr Team kochen für die gut 1.400 Gäste der Öffnet externen Link in neuem Fenster18. Jahreskonferenz des Rates für Nachhaltige Entwicklung, RNE. Ist das die Zukunft des Essens, ein Vorbild für alle, die bei der Organisation ihrer Konferenzen, Diskussionsrunden und Aktionen Nachhaltigkeit berücksichtigen wollen?

Darüber sprach der RNE-Generalsekretär Günther Bachmann mit Sarah Wiener auf der Bühne der Konferenz. Bisher ist es nicht üblich, die Gäste mit diesem Angebot zu verköstigen. In der nördlichen Hemisphäre löse die Vorstellung, Insekten zu essen, bei vielen Menschen „Ekel“ aus. „Millionen Menschen essen das aber“, meint Wiener, „einfach weil es ihnen gut schmeckt“ — und nicht in erster Linie deshalb, weil für den Verzehr des Krabbeltiers auch aus ökologischer Sicht viel spreche.

Insekten sind bei der Verwertung von Futter effizienter als Schweine oder Rinder: „Während Rinder rund acht Kilogramm benötigen, um ein Kilogramm Fleisch aufzubauen, Schweine etwa fünf, reichen den Insekten dafür durchschnittlich zwei Kilogramm“, heißt es im Öffnet externen Link in neuem Fenster„Fleischatlas 2018“, den die Grünen-nahe Heinrich-Böll-Stiftung herausgibt. Auch werde für ihre Zucht weniger Wasser und weniger Platz als beim Vieh benötigt.

Doch Wiener selbst hat Vorbehalte. Noch sei wenig über hygienische Gefährdungen bekannt.
Öffnet externen Link in neuem FensterVerbraucherschützer empfehlen, nur Insekten zu essen, die auch für den menschlichen Verzehr gezüchtet wurden. Insekten wachsen zudem am besten bei 20 bis 25 Grad Celsius. Wiener: „Womöglich bekommen wir irgendwann ein Energieproblem oder eine Debatte über Massentierhaltung von Insekten.“

Allein Insekten-Krokant zu servieren wäre sowieso zu mager, denn beim nachhaltigen Catering geht es um mehr. Es geht um die Anlieferung, die Energie für den Transport, um die Verpackungen oder um das, was übrig bleibt. Auf der Jahrestagung konnten die Gäste am Ende „Beste-Reste-Boxen“ mit nach Hause nehmen. Die Zutaten für Schnittchen, Mittagessen, Kaffee und Kuchen, Abendsnack — es gab nicht nur Insektenknabbereien — waren möglichst saisonal und regional und natürlich auch Bio.

Das hat aber alles seinen Preis. „Wie hält man sich am Markt?“, fragt Bachmann. Auch ein Caterer muss rechnen, die Konkurrenz ist groß. „Einige Kollegen haben mich schon gebeten, nicht Leitungswasser zu propagieren“, erzählt Wiener. Denn mit Getränken lasse sich am meisten verdienen. Sie sagt trotzdem: „Leitungswasser erfrischt, muss nicht angeliefert werden und ist unschlagbar günstig.“ Am Ende müsse der Kunde eben schlicht bereit sein, für ein nachhaltiges Catering einen etwas höheren Preis zu zahlen.

Derzeit macht sie aber noch eine „Diskrepanz“ aus: „Selbst geht man in den Bioladen, aber wenn man Gäste einlädt, dann kann man auch mal in den Discounter.“ Sie setzt nun auf positive Beispiele — und meint: „Nachhaltiges Catering auf Großveranstaltungen ist ganz klar möglich.“

Der Rat für Nachhaltige Entwicklung bewirtet seine Gäste immer nachhaltig und hat Öffnet externen Link in neuem Fenster„Faustregeln“ formuliert. Eine Regel lautet: „Beauftragung regionaler, nachhaltiger Caterer“. Verlangt werden vegetarische Speisen, die aus der Region kommen, die in der Saison wachsen, die zertifiziert (Naturland, Demeter oder ähnliches) sind. Und wenn es ausnahmsweise Fleisch geben soll, dann aus artgerechter Haltung und biozertifiziert. Kaffee und Tee kommen aus fairem Handel und sind ebenso biozertifiziert. Angeboten werden sollte Leitungswasser in Karaffen statt Mineralwasser in Flaschen.

Darüber hinaus sollten wassersparende Küchengeräte und biologisch abbaubare Reinigungsmittel verwendet, Lebensmittelabfälle vermieden und Essensreste am Ende zum Mitnehmen angeboten werden. Auch überflüssige oder Einweg-Verpackungen sowie kleine Flascheneinheiten sind tabu. Kein Einsatz von Einweg-Geschirr, falls erforderlich, dann biologisch abbaubar, etwa aus Maisstärke. Dem Mehrweggeschirr ist aber immer der Vorzug zu geben.

Das gesalzene Walnusskrokant mit Mehlwurm und die Parmesanchips mit Buffalowurm waren auf der RNE-Jahreskonferenz 2018 schnell aufgegessen.

Quelle: „Rat für Nachhaltige Entwicklung“, Öffnet externen Link in neuem Fensterwww.nachhaltigkeitsrat.de