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Vom Nutzen einer „Katastrophe“

oder warum Klimakonferenzen wenig bringen

Das medienwirksame Treffen der Scheinriesen ging zuende und das Ergebnis entsprach der tatsächlichen Größe der Beteiligten. USA, EU, China, Indien und Brasilien, sie alle stehen ökonomisch auf ölglattem Grund, ungeachtet der medialen Posen und Sprüche der diversen Präsidenten, Kanzlerinnen und Vorsitzenden. Versucht wurde, nicht erst in Stockholm, die Quadratur des Kreises. Der Versuch schlug, nicht gänzlich unerwartet, fehl.

CO2-Reduktion, sagen wir es klar und deutlich, bedeutet ökonomisch betrachtet weniger Energieverbrauch, temporär höhere Erzeugungskosten, niedrigere Steuereinnahmen und geringere Gewinne für Energiekonzerne. Weder die Staatenlenker noch die Konzernstrategen wollen das wirklich.

Jedoch - ein ganzer Planet stellt, gezwungenermaßen, seine Energieversorgungsstrukturen grundlegend um. Damit einher geht logischerweise eine globale strukturelle, wirtschaftliche und politische Machtverschiebung. Doch die heute politisch Mächtigen dieser Welt und die sie tragenden Parteien und Organisationen, sind wirtschaftlich in vielfältiger weise abhängig von Energiekonzernen und umgekehrt.

Die Multis wissen sehr wohl um die Notwendigkeit der Veränderungen, ob nun das Klimaproblem oder die Rohstoffverknappung das größere Problem sein wird, ist dabei eher von theoretischem Interesse. Entscheidend für sie ist allein der Erhalt der vorhandenen Profit- und Machtstrukturen auch für die kommende Energieversorgung.

Das Motto lautet daher: Es muss sich alles ändern aber es soll doch im Kern alles beim alten bleiben. Das gleicht  dem Vorgehen englischer Gewerkschaften, auf Elektroloks einen Heizer mitfahren zu lassen.

Es ist offensichtlich, dass die Zukunft und auch schon ein gut Teil der Gegenwart den regenerativen Energien gehört. Diese sind strukturell eher dezentral und regionalisiert, ganz im Gegensatz zur traditionellen Energieversorgungsstruktur, die mit zentralen Großkraftwerken oder Raffinerien und flächendeckenden Versorgungsnetzen ausgestattet ist. Gerade diese Struktur hat die Entstehung von multinationalen marktbeherrschenden Energiekonzernen ermöglicht, ihr Erhalt ist daher die elementare Voraussetzung für den Fortbestand dieser Konzerne.

Einfach ausgedrückt, wenn jeder seinen Energiebedarf vom eigenen Dach aus decken kann, dann schrumpfen jetzt mächtige Energiekonzerne zu Leitungsnetzverwaltern und weltmarktbeherrschende Mineralölmultis zu Zulieferern der chemischen und pharmazeutischen Industrie. Mächtige Lobbyisten deren Taschen stets voller Schecks für beeinflussbare Parteien und Politiker waren, werden dann die Lobbys nicht mehr beherrschen. Es ist verständlich, dass man dies in den Vorstands- und Chefetagen von Parteien und Konzernen und Aktionärsversammlungen mit allen Mitteln zu verhindern sucht.

Und so kommen wir auf direktem Wege über Stockholm nach Absurdistan.

Weltklimakonferenzen denen die Zeit wegläuft enden nach dem Motto: gut das wir mal drüber gesprochen haben, im unverbindlichen Minimalkonsens.

Die anstehende Erneuerung des weltweiten Kraftwerksparks beschert uns die Wiederauferstehung der Kernkraft als CO2-Engel. (Hinweis: Uran reicht nach vorsichtigen Schätzungen auch nur noch für 40 Jahre und da ist das Uran in den Bomben schon mit drin)

Noch erstaunlicher ist das plötzliche Auftauchen CO2 —freier Kohlekraftwerke, wobei die in Aussicht genommene unterirdische Speicherung von CO2  völlig unerprobt und mir vielerlei Fragezeichen und Risiken versehen ist. Ob je etwas draus wird ist zudem fraglich, betrachtet man die seit Jahrzehnten andauernde Suche nach einem Endlager für Atommüll.

Geradezu märchenhaft taucht plötzlich in der afrikanischen Wüste, gleich einer glitzernden Fata Morgana, ein gigantisches Solarenergieprojekt auf, das, o Wunder, inmitten einer stetig unsicherer werdenden Krisenregion die Energieversorgung der Welt sichern soll. Hier bedarf es schon eines festen Glaubens an das behütende Walten höherer Mächte.

Zum Finale noch ein kräftiger Schuss Science Fiction: Riesige Schiffe fahren zu Tausenden hinaus auf See um Dampf zu machen. Das Sonnenlicht wird von den Dampfwolken reflektiert und der sich aufheizende Planet kühlt ab, so der kühne Plan. Das ist aber noch die preiswerte Variante. Andere Lösungen sehen riesige Spiegel im Weltall vor die das Licht der Sonne von der Erde wegreflektieren, Hauptsache der Schornstein darf vorerst weiter qualmen. Fortsetzung folgt gewiss demnächst in diesem Panoptikum.

Das also kommt dabei heraus, wenn man den eigenen Profit fest im Blick, den Sinn für die Realität verliert. So fährt der organisierte Wirtschafts- und Politikegoismus nicht nur Weltklimakonferenzen vor die Wand.

Finis terra also? Nein, so schnell schießen die Preußen nicht und so schnell werfen sie auch die Flinte nicht ins Korn. Denn gottlob ist die Medienwelt nicht die Welt, sondern nur ein kleiner und real eher unbedeutender Teil davon, auch wenn die Medienmenschen das gern anders sehen.

Eine Konferenz ist eine Ansammlung redender Menschen von denen viele sich für bedeutend und wichtig halten, auch wenn sie jahrelang lediglich Papier und Warmluft  aber keine greifbaren Ergebnisse erzeugen.

In der realen Welt gehen die notwendigen Veränderungen recht rasant und in die richtige Richtung voran. Die Umsätze der Solar-, Wind- und Geothermiewirtschaft wachsen stetig. Immer mehr Haus- und Hallendächer werden blau, in immer mehr Kellern arbeiten Wärmepumpen und es wird gedämmt was das Zeug hält, den stetig steigenden Energiepreisen und fallenden Anlagenpreisen sei dank.

Auch für den Anleger werden erneuerbare Energien immer interessanter, die Zahl der Fonds und Betreibergesellschaften wächst stetig.

Zahlreiche internationale Entwicklungshilfeprojekte im Energiebereich gedeihen weltweit prächtig.

Die Menschen haben also offenbar auch weitgehend ohne „politische Führung“ die Zeichen der Zeit erkannt und handeln konsequent im Interesse des eigenen Geldbeutels, einen machtvolleren Verbündeten kann sich dieser Planet gar nicht wünschen. Wenn dann den Menschen auch noch die Erkenntnis dämmert, das weniger Politik und Politiker, weniger Lobbys und Lobbyisten vielleicht mehr Sinn und Ergebnisse hervorbringen und weniger kosten, ist möglicherweise die „Katastrophe von Stockholm“ doch noch von Nutzen.