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Ist die Lebensmittel-Ampel wirklich vom Tisch?

Das EU-Parlament hat die Lebensmittel-Ampel nach langem politischen Kräftemessen abgelehnt. Ist die einfache Kennzeichnung für die Verbraucher also endgültig gestorben? Keineswegs. Mithilfe des eigenes Handys kann sie über die deutschsprachige Plattform codecheck.info überall abgerufen

werden.

Es tönte der Abgesang aus allen Medien: Der Verband der Europäischen
Lebensmittelhersteller und ihr Heer von Lobbyisten hatten der Lebensmittel-Ampel den endgültigen politischen Todesstoß versetzt. Ein Erfolg der Kampagne gegen die leicht les- und vergleichbare Lebensmittelkennzeichnung, in die die Lebensmittelindustrie eine Milliarde  Euro investiert hatte. Und eine Niederlage für Ärzteverbände und Konsumentenschutzorganisationen, die die Ampel seit Jahren gefordert hatten
- ein Kampf zwischen David und Goliath.

Aber ist die Ampel nun wirklich weg? Auf der Verpackung leider schon. Aber sonst keineswegs. Seit Mitte Januar berechnet die größte unabhängige
Konsumenten-Plattform Codecheck.info für jedes von der Community erfasste Lebensmittel die Ampelwerte. Über das Internet an jedem Computer, mithilfe des internetfähigen Handys auf codecheck.mobi und seit März auch über jedes Smartphone können seither Verbraucher für eine steigende Anzahl von Lebensmitteln die Ampel kostenlos abrufen. Gerade die für das Google Android und das iPhone entwickelten Apps erfreuen sich riesiger Popularität: 270'000 mal wurden die Apps in kürzester Zeit heruntergeladen. Offensichtlich wird die Ampel von Verbrauchern geschätzt und nachgefragt.

Werden die Verbraucher getäuscht?

Zu kompliziert, irreführend und wissenschaftlich unfundiert sei die Ampel, so lauteten die Hauptkritikpunkte der Industrie-Lobby. Damit meint sie nicht etwa die von den Produzenten präferierte GDA (Guideline Daily  Amount), die die Nährwertangaben für eine beliebig gewählte "Portion" angibt. Sondern ein auch für Kinder und Fremdsprachige leicht lesbares System, das auf Werten der WHO basiert und von der britischen Nahrungsmittelbehörde FSA empfohlen wird. In dieser Hinsicht sind die gestern verabschiedeten Maßnahmen auch ein kleiner Sieg: Mit den nun obligaten Angaben der "Big-8" (Eiweiß, Kohlenhydrate, Zucker, Fett, gesättigte Fettsäuren, Ballaststoffe und Natrium) ist es für den Ampel-Rechner von Codecheck ein Leichtes, die Ampel auszurechnen.

Nicht alle Kritikpunkte der Lobbyisten sind einfach falsch. Tatsächlich braucht es ergänzende Angaben zu den Inhaltsstoffen, damit ersichtlich ist, ob Zucker mit Süßstoff oder Salz mit Glutamat ersetzt wird. Dies (und noch viel mehr) leistet Codecheck seit Jahren; der innovative gemeinnützige Verein hat damit industriefreundliche Politiker wie auch die Industrie selbst längst überholt. Mit der Nährwert-Ampel möchte Codecheck weder den Genuss von Schokolade verbieten (dass diese zuviel Zucker enthält, wissen wohl mittlerweile alle), noch eine Ernährungsanleitung für Bauarbeiter bieten (die Werte der Ampel beziehen sich auf eine durchschnittliche erwachsene Frau). Codecheck vergleicht Produkte miteinander und zeigt jene  Pizzas, die weniger fettig und Joghurts, die weniger süß sind. Und das ist schließlich das Ziel der Ampel: Die Hersteller dazu zu bewegen, gesündere Produkte herzustellen.  Ob sie das auch wollen, daran lässt die Lobby-Kampagne zweifeln.