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Tierschutzlabel schützt die Tiere nicht

Pünktlich zur Internationalen Grünen Woche in Berlin präsentierte der Deutsche Tierschutzbund die ersten mit der Einstiegsstufe des neuen Labels „Für Mehr Tierschutz“ ausgezeichneten Produkte. Die zugrundeliegenden Kriterien stellen zwar höhere Anforderungen an die Haltungsbedingungen als die gesetzlichen Vorgaben. Tatsächlich aber ist das Anforderungsniveau so niedrig, dass das neue Siegel weniger den Tieren sondern vielmehr den großen Agrarkonzernen hilft.

Zunächst wird das Siegel für Masthähnchen und Mastschweine vergeben. Die Vorgaben verlangen mehr Platz pro Tier: Laut Gesetz steht einem Mastschwein 1 m² zur Verfügung, das neue Label schreibt 1,1 m² vor. Statt der „normalen“ 23 Masthähnchen pro m² erlaubt das Siegel nur 15. Ansonsten aber hat das Label nicht viel zu bieten, weder an Tier- noch an Umweltschutz: Für die Tiere ist kein Auslauf vorgesehen, für die Haltung der Elterntiere gibt es keine Auflagen. Schweine erhalten keine Einstreu sondern stehen weiter zumeist auf Spaltenböden aus Beton. Bis zu 30.000 Masthähnchen sind pro Stall erlaubt. Gentechnisch verändertes Futter ist zugelassen, es gibt keinerlei Anforderungen an die Herkunft des Futters, sodass dieses meist vollständig aus dem Futterhandel bezogen wird und einen hohen Anteil von Importsoja enthält. Medikamente wie z.B. auch Antibiotika dürfen unbegrenzt verabreicht werden.

Sepp Brunnbauer, Geschäftsführer des ökologischen Anbauverbandes Biokreis e.V.: „Die großen Fleischkonzerne wie VION oder Wiesenhof wissen, dass die Verbraucher zunehmend auf artgerechte Tierhaltung achten. Das neue Label bietet ihnen die Möglichkeit, sich hier Marktanteile zu sichern, ohne die Haltungsbedingungen bei ihren Betrieben wirklich zu verändern. Somit findet hier eine Täuschung der Verbraucher statt — denn es ist mehr als unwahrscheinlich, dass die Konzerne in absehbarer Zeit den Schritt von der Einstiegsstufe zur Premiumstufe des Siegels gehen.“

Die Vorgaben der mit zwei Sternen gekennzeichneten Premiumstufe reichen in manchen Punkten an die Bio-Verordnung heran. Bisher gibt es keine Produkte, die diese Auszeichnung tragen. „Wer artgerecht und nachhaltig erzeugtes Fleisch kaufen will, muss sich an den Siegeln der Öko-Anbauverbände orientieren. Unsere Richtlinien sichern den Tieren genügend Platz und Auslauf und schreiben eine Einstreu aus Stroh vor; sie verbieten gentechnisch verändertes Futter, verlangen, dass das Futter zum überwiegenden Teil vom eigenen Hof kommt und vieles mehr. Wer per Kaufentscheidung für Tier- und Umweltschutz sorgen will, konsumiert weniger, aber dafür wirklich gutes Fleisch“, so Brunnbauer. Wichtig sei aber, dass auch die Biobranche dauerhaft der Versuchung widersteht, sich auf Kosten des Tierschutzes höhere Marktanteile zu sichern.