Staatliche Subventionen und Steueranreize sollen zur Anlage von 870.000 Hektar Zuckerrohr und zum großflächigen Anbau von Ölpflanzen wie Rizinus, Indische Brechnuss, Ölpalmen und Baumwolle auf 868.000 Hektar führen. Opfer dieses Agrarenergieanreizprogramms: Artenreiche Cerrado- und Caatinga-Wälder, traditionelle Weiden in Gemeindebesitz, Küstenwälder und die kleinbäuerliche Landwirtschaft.
"Bahiabio ist noch 20 Mal schlimmer als die Umleitung des São Francisco", so der Umweltexperte der Landpastorale Roberto Malvezzi. Allein die im Tal des São Francisco geplanten 510.000 Hektar auf Bewässerung angewiesenen Zuckerrohrplantagen würden dem Fluss im Schnitt über 500.000 Liter knappes Wasser pro Sekunde entziehen. Außerdem führe die Aussicht auf große Gewinne dazu, dass traditionelle Landrechte mit Füssen getreten und Kleinbauern, Schaft- und Ziegenhalter vertrieben werden. So auch in der Gemeinde Casa Nova in der Region des Sobradinho-Staudamms.
Biodiesel-Investoren wollen sich dort seit März 2008 das traditionelle Caatinga-Weidegebiet von Areia Grande aneignen. 336 Familien und ihren rund 13.000 Ziegen und Schafen droht der Existenz- und Landverlust. Laut Informationen der Landpastorale setzten gedungene Schläger, Pistoleiros, die Familien seitdem heftig unter Druck. Häuser, Stallungen und Zäune der Kleinbauern wurden zerstoert. Vergangene Woche nun eskalierte der vom Agrardieselwahn ausgeloeste Kampf um anbaufähiges land: Die Symbolfigur des Widerstandes in der Gemeinde Casa Nova, der Kleinbauer, José Campos Braga, wurde erschossen.
Areia Grande ist eines von vielen Gebieten im Nordosten, das unter dem Druck der Agarspritbranche leidet. Noch gibt es in Bahia etwa 300 traditionelle, gemeinschaftliche genutzte Weidegebiete wie in Casa Nova. Über 100.000 Menschen leben von dieser nachhaltigen, angepassten Nutzungsform der semiariden Caatinga-Gebiete, so der Soziologe und Mitarbeiterer der Landpastorale Ruben Siqueira. Auch unsere Zukunft, so Siqueira, hänge vom Widerstand dieser traditionellen Gemeinden ab. Wir sollten sie dabei unterstuetzen.
Norbert Suchanek, Rio de Janeiro
Norbert Suchanek
Journalist und Autor
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