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Berater des Bundeswirtschaftsministeriums für globale CO2-Steuer

Der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) spricht sich in einem neuen Gutachten für die Einführung einer internationalen Mindeststeuer auf CO2-Emissionen aus. Die Regierungsberater wollen so die Chancen für einen Nachfolger zum auslaufenden Kyoto-Klimaschutzabkommen erhöhen.

Dass dies bisher nicht zustande gekommen ist, liege mit daran, dass sich die Staaten nicht einigen konnten, wer wie viel CO2 ausstoßen darf. Eine Steuer würde diesen „verteilungspolitischen Aspekt aus den Verhandlungen eliminieren“, heißt es in dem Gutachten. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler hält von dem Vorschlag nichts.

Er stimme seinen Berater zwar darin zu, dass wirksame Klimaschutzpolitik weltweit koordiniertes Handeln voraussetze, so der Freidemokrat Ende März bei der Vorstellung des Gutachtens in Berlin. Eine internationale Steuer auf CO2-Emissionen sehe er jedoch „mit erheblicher Skepsis“. Bundesregierung und Europäische Union setzten auf ein verbindliches internationales Klimaschutzabkommen mit klaren Minderungsvorgaben und einheitlichen Regeln für alle Länder. In Sicht ist das indes nicht. Nach derzeitigem Stand wird das Kyoto-Protokoll wohl bis 2017 fortgeschrieben. „Das dann gültige Protokoll wird aber lediglich ein Siebtel der weltweiten CO2-Emissionen umfassen“, so die Gutachter.

Emissionssteuern statt Zuteilung von Emissionsmengen — so lautet nach Einschätzung der Regierungsberater die Formel für einen Durchbruch bei den dahindümpelnden internationalen Klimaschutzverhandlungen. Das Kalkül dahinter: In den Verhandlungen müssten die Staaten nicht mehr um möglichst niedrige CO2-Minderungsziele für sich ringen, um (kurzfristig) Vorteile durch geringere Klimaschutzkosten einzuheimsen. Es müsste „nur“ noch über eine globale, ausreichend hohe CO2-Steuer verhandelt werden. Deren Höhe könnte sich an den jeweils national verursachten Emissionen orientieren.

Das hätte nach Ansicht des Beirats einige Vorteile: Der Hauptstreitpunkt — die gerechte Aufteilung von CO2-Mengen zwischen den Staaten — fiele aus den Verhandlungen raus. Einnahmen aus der Steuer blieben den sie erhebenden Ländern erhalten. Die Wirtschaft wüsste, woran sie ist und könnte besser planen. Staaten, die nicht mitmachen, könnten zudem mit einer Importsteuer belegt werden. Produkte aus diesen Ländern würden so teurer, Produktionsverlagerungen in Länder ohne CO2-Steuer vermieden. Die Gutachter hoffen, dass auch dies die Teilnahme an einem Kyoto-Nachfolger attraktiver macht.

Bundeswirtschaftsminister Rösler lehnt eine solche Importabgabe ab, weil sie mit dem „Risiko eines verstärkten Protektionismus verbunden“ sei. Eine Minderheit seines Beirats sieht das genauso: Der bürokratische Aufwand sei hoch. Viele Länder würde er überfordern. Tatsächlich dürften sich viele Staaten mit Macht gegen solche Auflagen stemmen. Beobachten lässt sich das derzeit bei der Ausweitung des Europäischen Emissionshandels auf den Flugverkehr, dem seit Jahresanfang auch außereuropäische Fluglinien unterliegen. Chinesische Fluggesellschaften, die das System ablehnen, drohten jüngst mit Stornierung eines Milliardenauftrags beim europäischen Flugzeugbauer Airbus.

Theoretisch zumindest könnte die ins Spiel gebrachte Importabgabe zu mehr Klimaschutz führen — eben weil sie den Wettbewerbsdruck auf Klimaschutzverweigerer erhöht. Darauf weist auch eine neue Studie der Weltbank hin, die zwar nicht direkt für eine CO2-Steuer, aber für eine Ausweitung des CO2-Handels auf außereuropäische Länder wirbt. Weil viele Produkte heute in Staaten mit geringem Klimaschutzniveau hergestellt werden, würde die Ausweitung des Handelssystems diese Produkte verteuern. Weniger Menschen würden sie kaufen. Und genau das könnte nach Einschätzung der Weltbank den Produzentenländern Anreize für mehr Klimaschutz geben. Schließlich würden ihre Waren wieder preiswerter.

„Grundsätzlich“, das schreiben die BMWi-Beiräte, sei es denkbar, „ein Preissystem auch mit einem Mengensystem in Europa zu kombinieren“, also eine CO2-Steuer mit dem CO2-Handel. Dafür müsste das Handelssystem mit einem Mindestpreis für handelbare Emissionsrechte flankiert werden, und zwar in Höhe der globalen CO2-Steuer. Eine zusätzliche Verpflichtung auf eine maximale CO2-Menge wäre dann eine „freiwillige Entscheidung der Europäer“, so die Gutachter.

 

Quelle: „Rat für Nachhaltige Entwicklung“, www.nachhaltigkeitsrat.de