Hansjörg Küsters Plädoyer für eine neue Ökologie
Ökologie ist nicht „öko“: keine Sammlung von Rezepten für den Schutz unserer
Lebensverhältnisse, keine Gärtnermoral und keine Religion. Ökologie ist eine
moderne Wissenschaft, die den Wandel der Natur lehrt und die Art und Weise,
wie sich der Mensch darauf einstellt. Küsters Buch ist ein Plädoyer für eine
zeitgemäße Auffassung der Ökologie, die nicht länger Wissen mit Utopie
vermischt. Erst so wird sie glaubhaft.
Die Ökologie untersucht den Wandel der Natur und der Lebewesen. Doch viele
wünschen sich von ihr etwas anderes: etwa Argumentationshilfen für die
Bewahrung der Natur in ihrem jetzigen oder einem idealen Zustand, aber auch
mathematische Modelle, die sie berechenbar machen. Gegen diese erklärten
Liebhaber der Ökologie, die von der Utopie eines Gleichgewichts ausgehen,
welches der Dynamik der Natur völlig widerspricht, verteidigt Küster die
Ökologie als Wissenschaft: Wie in der Biologie macht in ihr nichts Sinn, was
die Veränderung der Lebewesen durch Evolution außer acht läßt.
Küsters pointierte und gut lesbare Grundlegung der Ökologie gewinnt ihre
Überzeugungskraft dadurch, daß sie ihren Gegenstand organisch, aus seinen
inneren Zusammenhängen erschließt. Dabei ist das Spektrum der
Fragestellungen, auf welche die Ökologie originäre Antworten gibt,
wahrhaftig breit: Es reicht von der Frage des Standorts, die bereits für
Mikroorganismen von elementarer Bedeutung ist, bis hin zum Stellenwert des
Landschaftsschutzes für eine Entwicklung zur Nachhaltigkeit. Angesichts der
gegenwärtigen Probleme und Katastrophen sind wir dringender denn je auf die
Denkweise und das Wissen der Ökologie angewiesen. Für ökologische Utopien
hingegen ist in der modernen Welt kein Platz.
Der Autor
Hansjörg Küster ist Professor für Pflanzenökologie am Institut für
Geobotanik der Universität Hannover.