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Der WWF unter Beschuss

Der einst als Tierschutzstiftung gegründete World Wide Fund for Nature (WWF) verkauft sich seit Jahren als Retter des Planeten. Das "Schwarzbuch WWF" zeigt nun deutlich die offensichtlich dunklen Seiten dieser Millionen Euro schweren Umweltstiftung auf, die sich wiederum diese Kritik nicht gefallen lassen will und das Buch mit Klagen überzieht.

Tatsächlich bringt das Schwarzbuch nicht wirklich neues über den WWF zutage. Die dunklen Seiten dieser Stiftung liegen seit langem offen. Sätze wie dieser zu Eingangs des Buchs, "Es ist leichter in die Geheimnisse der CIA einzudringen, als in die des WWF", sind deshalb überflüssig. Es ist nur so, dass sich bisher kaum Autoren und Medien trauten, gegen den Strom zu berichten. Auch deshalb ist das "Schwarzbuch" von Wilfried Huismann ein aus der Masse herausragendes Buch.

Der Fernsehjournalist schildert kontinent- und themenübergreifend zweifelhafte Machenschaften und "Greenwashing" des WWF, ohne ein Blatt vor dem Mund zu nehmen. Ob "Wasserraub" im mexikanischen Chiapas durch Coca Cola oder die Verseuchung der Fjorde Südchiles durch die Lachszuchtindustrie; ob Soja- und Ölpalmanbau oder die Vertreibung von Ureinwohnern im Namen des Tierschutzes: Die Organisation mit dem putzigen Pandabär als Symbol verteilt grüne Deckmäntel an Umweltverschmutzer und war offensichtlich selbst eine der treibenden Kräfte oder Handlanger von Umsiedlungen und Menschenrechtsverletzungen.

Es sind die entlarvenden Zitate der WWF-Funktionäre selbst, die das Buch interessant machen. "Wir haben dazugelernt und arbeiten heute eng mit der lokalen Bevölkerung zusammen", so der südafrikanische WWF-Kampagner Rob Soutter. "Wir geben ihnen Jobs; sie begreifen, dass der Schutz der Tiere in ihrem ureigenen Interesse liegt. So funktioniert das." Das ist moderner Kolonialismus, am WWF-Wesen soll die Welt genesen. Nicht zuletzt gibt Huismann den Opfern wie den Adivasi- und Pygmäenvölkern eine Stimme, und er lässt Kritiker wie Tigerforscherin Latika Nath Rana zu Wort kommen. Die Tigerschutzaktionen des WWF seien alle überflüssig, sagt sie. "Ich habe hier noch kein wirklich nützliches WWF Projekt gesehen." Auch an der Vertreibung des Pygmäen-Volks Batwa aus seinen Wäldern zur Errichtung des lukrativem Gorilla-Tourismus war die Stiftung beteiligt. "Institutionen wie der WWF sind für die Auslöschung indigener Kulturen zumindest mitverantwortlich", so UN-Berichterstatter Arnold Groh, der das erschütternde Schicksal der Batwa persoenlich verfolgte.

Leider hat das Schwarzbuch auch kleine Fehler, die es angreifbar machen. Beispielsweise kann man den brasilianischen Soja-Baron Blairo Maggi in vielfältiger Weise kritisieren, doch sein Unternehmen Amaggi ist nicht wie im Buch behauptet verantwortlich für "40 Prozent aller Regenwaldrodungen in Brasilien." Maggis Sojafelder liegen erstens in Savannen-Gebieten, und als Gouverneur von Mato Grosso war Maggi bestenfalls für die Regenwaldabholzung in seinem Bundesstaat, aber nicht für ganz Brasilien verantwortlich. Etwas beratender Sachverstand fern der mit dem WWF konkurrierenden Umweltgruppen hätten dem Buch gut getan.

Trotzdem: "Vale a pena", wie wir hier in Brasilien sagen: Es lohnt sich, das Schwarzbuch zu lesen. Für WWF-Spender sollte es eine Pflichtlektüre sein.

 

Norbert Suchanek, Rio de Janeiro

Einer der ersten Kritiker des WWF und seiner “Naturschutzkonzepte”.

 

Norbert Suchanek
Journalist und Autor
Internet: www.norbertsuchanek.org
E-Mail: norbert.suchanek(at)online.de