Es dauerte nicht lange, bis diese bis dahin nicht für möglich gehaltene Tatsache in den Hintergrund trat und wild darüber spekuliert wurde, ob dadurch auch das Klonen von Menschen in den Bereich des Machbaren gerückt war. Über die wissenschaftlichen Hintergründe des eigentlichen Auslösers dieser Diskussionen jedoch erfuhr man so gut wie nichts.
Dieses Buch bietet nun die Gelegenheit, sozusagen einen Blick hinter die Kulissen zu werfen. Dollys “Väterâ€, Ian Wilmut (Embryologe) und Keith Campbell (Zellbiologe), haben in Zusammenarbeit mit dem Zoologen und Autoren Colin Tudge auf sehr spannende und erstaunlich verständliche Art geschildert, wie es zu dem Experiment kam, aus dem Dolly hervorging und vor allem, warum sie es überhaupt versucht haben.
Das Ziel dieser und ähnlicher Klonierungsexperimente ist nicht einfach die Erschaffung von genetisch identischen Individuen, sondern die “genetische [Veränderung] von Tieren und von isolierten tierischen und menschlichen Gewebenâ€, was einen großen praktischen Nutzen für Medizin, Landwirtschaft, Umweltschutz und Grundlagenforschung beinhaltet. Erste Erfolge in dieser Richtung erzielten Wilmut und Campbell ein Jahr nach Dollys Geburt mit Polly: ein Schaf, das nicht nur geklont, sondern gentechnisch auch so verändert worden war, dass es einen menschlichen Blutgerinnungsfaktor in industriell nutzbarer Menge in seine Milch abgibt.
Wilmut und Campbell, die sich sehr darüber ärgerten, dass sich die meisten Reporter bei den Berichten über Dolly “auf das Klonen von Menschen eingeschossen†hatten, finden in ihrem Buch immer wieder deutliche Worte gegen eben diesen möglichen Anwendungsaspekt ihrer Arbeit. Denn “es bedeutet ein physisches Risiko, es könnte sich nachteilig auf die Psychologie des geklonten Kindes auswirken und entbehrt nicht zuletzt jeder medizinischen Rechtfertigungâ€. Und “wer daran denkt, Menschen zu klonen, sollte zur Kenntnis nehmen, dass gegenwärtig die erfolgreichen Methoden dem â€wirklichen†Verständnis weit vorausgeeilt sindâ€.
Colin Tudge schrieb das Buch aus der Perspektive der beiden Forscher, was das ganze sehr lebendig gestaltet. Hierdurch wird das Buch zwar einerseits aufgelockert, allerdings ist es dadurch stellenweise für ein Sachbuch etwas zu persönlich geraten. Etwas verwunderlich ist auch, dass das Buch kein Literaturverzeichnis besitzt, obwohl in dem Buch weiterführende Literatur genannt wird.
Egal, welche Einstellung man zum Klonen oder Biotechnologie allgemein besitzt: dieses Buch sollte man sich nicht entgehen lassen, wenn man mitreden will. “Wir stehen an der Schwelle zum Zeitalter der biotechnischen Kontrolle und müssen uns moralisch und politisch dafür rüstenâ€. Erst, wer die Prozesse versteht und die derzeitigen Möglichkeiten sowie Nutzen und Risiken dieser Technologien einschätzen kann, kann wirklich Stellung beziehen.
Kurzinformation
Ian Wilmut/Keith Campbell/Colin Tudge:
Dolly. Der Aufbruch ins biotechnische Zeitalter.
Aus dem Englischen von Hainer Kober
Broschiert, 405 Seiten, dtv München 2002
Preis: 14,50 Euro
ISBN: 3423330872
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