Gleichzeitig sanken die Emissionen von klimaschädlichem Kohlendioxid (CO2) um durchschnittlich zwei Prozent pro Jahr. Diese Ergebnisse stehen im vor wenigen Tagen veröffentlichten Bericht des vom Bundesumweltministerium geförderten Projekts „30-Pilot-Netzwerke“.
Zwischen 2009 und 2013 beteiligten sich 360 vor allem mittelständische Unternehmen in 30 regionalen Netzwerken. Die Jahresenergiekosten dieser Firmen liegen zwischen 200.000 Euro und 40 Millionen Euro pro Jahr. „Wir haben festgestellt, dass die Energie-Effizienzsteigerung in den Netzwerken durchschnittlich 2,2 Prozent jährlich betrug“, erklärt Professor Harald Bradke vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI in Karlsruhe, der das Projekt leitete.
Die entsprechenden Investitionen der Unternehmen seien „hoch rentabel“. „Die durchschnittliche interne Verzinsung betrug gut 30 Prozent pro Jahr“, so Professor Eberhard Jochem, der die Idee im Jahr 2002 aus der Schweiz nach Deutschland brachte.
Austauschen, koordinieren, unterstützen
Ein wesentlicher Kunstgriff der Energieeffizienz-Netzwerke besteht darin, dass sich die Firmen regelmäßig austauschen, koordinieren und unterstützen. Den Informationsfluss erleichtert das Netzwerk-Management-System „Lernende Energieeffizienz Netzwerke“ (LEEN), das unter anderem technisch-wirtschaftliche Berechnungswerkzeuge zur Verfügung stellt, mit denen sich rund 100 Arten von Effizienz-Maßnahmen in der Industrie individuell für die Bedingungen an den jeweiligen Standorten kalkulieren lassen.
Das Bundesumweltministerium förderte die 30 Pilot-Netzwerke im Rahmen der nationalen Klimaschutzinitiative, deren Ziel es ist, den Kohlendioxid-Ausstoß Deutschlands bis 2020 um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 zu verringern.
Die Versuche von Unternehmen, mit Energie sparsamer umzugehen, erhalten eine zusätzliche Bedeutung vor dem Hintergrund der Energieeffizienz-Richtlinie der EU von 2012. Demnach ist Deutschland verpflichtet, seinen Energieverbrauch zwischen 2014 und 2020 um jährlich 1,5 Prozent zu verringern.
Regionale Schwerpunkte der Firmen-Netzwerke des Projektes befanden sich in Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Die teilnehmenden Betriebe kamen aus den unterschiedlichsten Branchen: Nahrungsmittel-Hersteller, Maschinenbauer, Autoproduzenten, Glas- und Metallerzeuger waren ebenso vertreten wie Firmen des Gesundheitswesens oder Druckereien. Zahlreiche Beispiele für Effizienzsteigerungen wurden im Rahmen des Projektes dokumentiert.
So installierte das Medizintechnik-Unternehmen Angiomed in Karlsruhe Thermostatventile an Deckenlufterhitzern. Die Investition betrug einmalig 600 Euro, wodurch die Energiekosten pro Jahr um 690 Euro sinken. Nach weniger als einem Jahr hatte sich die Maßnahme amortisiert. Jährlich unterbleibt damit der Ausstoß von zwei Tonnen Kohlendioxid. Ein anderes Beispiel: Die Michelin Reifenwerke in Karlsruhe setzen geregelte Pumpen ein. Die Investition von 30.000 Euro amortisiert sich innerhalb von zweieinhalb Jahren. 100 Megawattstunden Energie und der Ausstoß von 46 Tonnen CO2 pro Jahr werden gespart.
Die durchschnittliche Steigerung der Energieeffizienz in den Netzwerken von 2,2 Prozent jährlich bedeutet, dass Wachstum und Energieverbrauch der Industrie nicht nur relativ, sondern absolut entkoppelt werden könnten. Das Bundesamt für Statistik gibt die preisbereinigte Produktionssteigerung im produzierenden Gewerbe Deutschlands mit durchschnittlich 1,4 Prozent zwischen 1991 und 2012 an. Ließe sich die Einsparung in den Netzwerken auf große Teile der Industrie übertragen, sänke deren Energieverbrauch trotz weiteren Wachstums, wenn sich dieses in der Größenordnung der vergangenen 20 Jahre bewegt.
Schweiz als Vorbild
Jenseits des Pilotprojektes sehen die Wissenschaftler ein Potential von 350 Netzwerken mit rund 4.000 Unternehmen in Deutschland. Dadurch könnten Firmen jährlich rund 600 Millionen Euro Energiekosten sparen und pro Jahr zweieinhalb Millionen Tonnen CO2-Ausstoß vermeiden.
„Wenn man die Rahmenbedingungen ändern würde, läge das Potenzial doppelt so hoch“, sagt Jochem. Deshalb empfiehlt er die Schweiz als Vorbild. Dort hat die Idee der Firmennetzwerke bereits einen Vorlauf seit etwa 1990.
Zusätzlich hat das südliche Nachbarland vor Jahren ein Gesetz beschlossen, demzufolge Energieverbraucher wachsende CO2-Abgaben zahlen müssen (derzeit 50 Euro je Tonne). Firmen können sich davon jedoch befreien lassen, indem sie an Effizienz-Netzwerken teilnehmen, dort individuelle Ziele festlegen und jährlich ein Monitoring durchlaufen. Eine ähnliche Koppelung von Abgaben-Rabatten und individuellen Einsparanstrengungen hält Jochem auch in Deutschland für ratsam — beispielsweise beim Spitzenausgleich der Stromsteuer.
Beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) ist man skeptisch, was zusätzliche regulative Eingriffe des Staates betrifft. BDI-Experte Eberhard von Rottenburg, der im Projekt-Beirat mitarbeitete, sagt aber: „Das erfolgreiche Projekt hat gezeigt, dass Netzwerke von Unternehmen einen Beitrag leisten könnten, um das Ziel der EU-Effizienzrichtlinie zu erreichen. Dieser Ansatz sollte weiterverfolgt und gestärkt werden.“
Das Bundesumweltministerium erklärt, „an den Erfolg des Projektes anknüpfen und die Netzwerkbildung im Sinne der 30 Pilot-Netzwerke weiter vorantreiben“ zu wollen. „So werden auch im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative die Bildung von Energieeffizienz-Netzwerken von kleinen und mittelständischen Unternehmen gefördert.“
Quelle: „Rat für Nachhaltige Entwicklung“, www.nachhaltigkeitsrat.de.