Die Hoffnung der Meeresbiologen, dass die Seuche die Heuler an der Ostsee verschonen könnte, wurde nun jäh zerschlagen. Bisher waren die kleineren Bestände an der Ostsee nicht betroffen, doch drei Wochen nach dem Fund zweier toter Tiere in Mecklenburg-Vorpommern bei Zingst sind die Ergebnisse der durch das Lebensmittel- und Veterinäruntersuchungsamt Neumünster in Auftrag gegebenen Untersuchung ernüchternd: Die Befunde beweisen, dass eines der beiden Tiere an eben diesem Staupevirus verendet ist. "Wir können davon ausgehen," so der Meeresbiologe vom Deutschen Meeresmuseum Stralsund, Klaus Harder, "dass die Staupe an unseren Küsten angekommen ist."
Allein in diesem Jahr seien in der Nordsee bereits 13.000 Tiere der Epidemie zum Opfer gefallen, so Wissenschaftler. Das Kattegat zwischen Schweden und Dänemark gilt als Ursprung der Epidemie. Von hier aus konnte sich die Seuche während der Sommermonate weiter nach Westen ausbreiten.
Darüber hinaus könnte es auch noch zu zwei neuen Fällen kommen. In Mecklenburg-Vorpommern wurden in dieser Woche zwei weitere Kadaver von Seehunden begutachtet. Sie wurden in das Landesveterinäramt in Rostock gebracht, wo Gewebeproben entnommen und virologische sowie bakteriologische Untersuchungen vorgenommen werden. Das Staupe-Virus, erklärt Direktor Hartmut Kiupel, sei latent in der Population vorhanden, ist jedoch für den Menschen nicht gefährlich.
Bereits in den Jahren 1988 und 1989 wütete die Seuche schon einmal. Der Mensch war auch damals machtlos gegen die Epidemie, bei der insgesamt 18.000 Tiere den Tod fanden. Allerdings hatte sich die Population seinerzeit schnell wieder erholt.
An Mecklenburg-Vorpommerns Küsten waren damals lediglich neun Tiere betroffen, so Harder. Doch durch die ohnehin recht kleine Seehund-Population von nur 400 bis 500 Tieren an den Küsten Dänemarks und Mecklenburg-Vorpommerns seien diese schon deshalb gefährdet, erklärt der Meeresbiologe.
Welches Ausmaß das Sterben in diesem Jahr erreichen wird, können die Wissenschaftler noch nicht einschätzen. Von einem Massensterben gehen die Experten jedoch nicht aus.
KStA
Sie befinden sich hier:
Startseite->Artikel->Epidemie erreicht Deutschland
Startseite->Artikel->Epidemie erreicht Deutschland