Martha M. Robbins ist promovierte Zoologin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig. Sie betreibt Feldforschung an Gorillas, im kaum durchdringlichen Regenwald in Uganda und in einem von Menschen nahezu unberührten Gebiet in Gabun. Seit 1990 befasst sie sich mit der Verhaltensökologie der sanften Riesen, sie untersucht ihre Sozio-Ökologie und Fortpflanzungsstrategien im Bwindi-Impenetrable-Nationalpark in Uganda und leitet ein Projekt über Westliche Flachlandgorillas und Schimpansen in Gabun. Die Berggorilla & Regenwald Direkthilfe e.V. (B&RD), eine deutsche NGO, begleitet die Projekte der Zoologin seit vielen Jahren. „Wir unterstützen seit langem Martha Robbins' Arbeit in Bwindi, wo sie nicht nur Forschung betreibt, sondern auch Schutzprojekte aufgebaut hat“, sagt Dr. Angela Meder, Biologin und Mitglied im Vorstand der B&RD.
Forscher verdrängen Wilderer
Vor 10 Jahren begann Martha Robbins mit ihrer Langzeitstudie im Loango-Nationalpark in Gabun. Der Park liegt im Südwesten des Landes und ist rund 1550 Quadratkilometer groß. Das ausgedehnte Gelände umschließt eine vielgestaltige Landschaft — an der Küste gelegene Wälder und Lagunen, Savanne und Sümpfe, Sekundär- und Urwald.
„Zu Beginn unserer Tätigkeit haben wir hier Fallen und andere Anzeichen für eine rege Jagdtätigkeit gefunden“, erzählt Martha Robbins. „Das ist heute alles komplett verschwunden.“ Nur wenige Tiere tragen noch Spuren von Drahtschlingen, in denen sie sich verfangen hatten.
Die Zoologin und ihre Mitarbeiter patrouillieren täglich fast durch das gesamte 100 Quadratkilometer große Studiengebiet innerhalb des Nationalparks, sie dokumentieren menschliche Spuren mittels GPS, führen Aufzeichnungen über das Gorillaverhalten und sammeln Kotproben für die genetische Untersuchung. Anhand der Daten konnte das Forschungsteam feststellen, dass sich im Studiengebiet zwischen 95 und 107 Gorillas aufhalten, das entspricht einer Gorilladichte von 0,82 bis 1,06 Gorillas pro Quadratkilometer. Es sind 11 Gruppen und 5 männliche Einzelgänger. Seit den regelmäßigen Kontrollgängen hat die Wilderei in diesem Teil des Parks aufgehört. „Das Nahrungsangebot in Loango unterscheidet sich stark von anderen Gegenden, in denen Westliche Flachlandgorillas vorkommen.“ Das interessiert die Wissenschaftlerin, erlaubt es doch Rückschlüsse auf die Anpassungsfähigkeit der Tiere an ihre Umwelt.
Kameras und haarige Models
Martha Robbins und ihr Team nutzen neben GPS seit fünf Jahren auch Kameras für die Tierbeobachtung. Die Kameras werden in einem Raster mit jeweils einem Kilometer Abstand aufgestellt. Umherstreifende Tiere lösen dann über Bewegungsmelder Aufnahmen von jeweils 60 Sekunden Länge aus. Das ist praktisch und funktioniert rund um die Uhr. „Mittlerweile haben wir 1045-mal Schimpansen, 471-mal Gorillas und 2237-mal Waldelefanten einzeln aufgenommen“, schreibt Martha Robbins im aktuellen Gorilla-Journal der B&RD. Mithilfe der Bilder lassen sich die einzelnen Tiere anhand individueller Merkmale eindeutig identifizieren. Dabei ist bei Gorillas die Zuordnung nicht ganz einfach. „Die Überaugenwülste verdunkeln oft die Gesichter, sodass wir nur 22% der Tiere eindeutig wiedererkennen.“ Aber 52 Gorillas können die Forscher mittlerweile zweifelsfrei unterscheiden.
Vor allem die Atananga-Gruppe wird kontinuierlich beobachtet und ist inzwischen gut an Menschen gewöhnt. Die Wissenschaftler nennen das „habituiert“. Die Gruppe besteht aus dem Silberrücken Kamaya, 5 Weibchen und 7 Jungtieren. „Seit 2009 haben wir regelmäßigen Kontakt zur Gruppe. Heute können wir 8 Stunden am Tag oder mehr bei der Gruppe verbringen. Wir sammeln Routinedaten über das Sozialverhalten, zu Fressgewohnheiten und zu den Reaktionen auf Kontakte durch menschliche Beobachter“, sagt Martha Robbins. Und ergänzt: „Der Silberrücken ist sehr tolerant uns gegenüber und auch die Weibchen sind zunehmend habituiert.“ Martha Robbins hofft, dass Ende des Jahres oder spätestens Anfang 2016 Touristen geführten Zugang zur Gruppe erhalten können.
Gemeinschaftlich mit der Bevölkerung
Damit die Wilderei langfristig zum Erliegen kommt, ist es wichtig, dass die Anwohner die Bedeutung und den Nutzen des Nationalparks für sich und die darin lebenden Tierarten kennenlernen und dass einige von ihnen im Park einen Arbeitsplatz finden. Im Loango-Projekt arbeiten neben Martha Robbins zurzeit 8 Feldforscher und eine Gabuner Studentin, die gerade ihre Doktorarbeit in Leipzig über Krankheitserreger bei Gorillas schreibt. „Seit 2005 haben wir mehr als 20 lokale Feldforscher ausgebildet“, sagt Martha Robbins stolz. Die Gabuner erhalten Training on the Job, theoretisch und vor Ort, über Botanik und das Zeichnen von Karten, werden ausgebildet im Lesen von Gorillaspuren und im Erfassen von Daten mit GPS und Kameras, im Beobachten und Aufzeichnen von Gorillaverhalten. Sie helfen aktiv beim Datensammeln und leiten als Gruppenführer eigene Teams.
„Seit 2014 unterstützen wir die Arbeit von Martha Robbins in Loango“, sagt Angela Meder von B&RD. „Ein funktionierendes Mobilfunksystem für den Einsatz im weiten Forschungsgebiet wird dringend benötigt, des weiteren Gelder zur Reparatur der Holzbehausungen, die im feuchten Klima und unter der starken Sonneneinstrahlung schnell verwittern, sowie weitere Kamerafallen.“ B&RD wird die Arbeit von Martha Robbins am Loango-Studienprojekt finanziell unterstützen. Ziel ist jedoch, dass der Park bald selbst Geld einnimmt. Der Gorillatourismus kann eine wichtige Einnahmequelle für ein Land sein, das wenig Devisenquellen besitzt. Bwindi in Uganda, wo Martha Robbins wertvolle Erfahrungen sammelte, ist dafür ein gutes Beispiel. Mit der baldigen Möglichkeit zum Gorillatourismus bieten der Loango-Nationalpark und die weiteren 12 Nationalparks des Landes den Gabunern die Chance, eine Wende von der zur Neige gehenden Erdölförderung zum Ökotourismus zu schaffen.
Mehr Informationen über die Westlichen Flachlandgorillas und über weitere Gorillaarten finden sich in der neuen Ausgabe des zweimal jährlich erscheinenden Gorilla Journals und auf der Website der NGO www.berggorilla.org
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