Das Dreiländereck aus Demokratischer Republik Kongo, Ruanda und Uganda macht vor allem durch negative Schlagzeilen von sich Reden. Die Bevölkerung dort ist durch die jahrelangen bewaffneten Auseinandersetzungen und Flüchtlingsströme unsäglichem Leid ausgesetzt. In dieser Region leben auch die seltenen Berggorillas. Sobald Frieden einkehrt, sollen wieder Besucher zu den Gorillas geführt werden. Denn die sanften Riesen sind zu einem entscheidenden Wirtschaftsfaktor geworden. Wo Gorillatourismus angeboten wird, fließen Devisen. Und die Anwohner können als Führer oder Fährtenleser oder bei verschiedensten tourismusnahen Tätigkeiten eine Anstellung finden.
Doch die Gewöhnung an den Menschen hat auch ihre Schattenseiten: Krankheiten können beim engen Kontakt übertragen werden, Wilderer haben leichtes Spiel und die Gorillas haben keine Scheu, Felder aufzusuchen, um sich mit den Feldfrüchten den Bauch vollzuschlagen. Das macht sie zu einer Existenzbedrohung für die armen Bauern im Umland der Nationalparks. So entstehen Konflikte — sie zu lösen ist auch die Aufgabe der Schutzprogramme.
Das „Year of the Gorilla 2009“ will deutlich machen, wie das Überleben der sensiblen Menschenaffen gesichert werden kann. Mit dieser Initiative will das Sekretariat der Convention of Migratory Species (CMS) in Zusammenarbeit mit dem UNEP/UNESCO-Programm Great Ape Survival Project (GRASP) und dem Welt-Zooverband World Association of Zoos and Aquariums (WAZA) Kampagnen unterstützen, die den dauerhaften Schutz der Gorillas und ihres Lebensraumes zum Ziel haben. Nicht zuletzt sollen die Bedrohungen, unter denen die Gorillas leiden, einer breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht werden.
Die deutsche Nichtregierungsorganisation B&RD wird mit verschiedenen Projekten zum Jahr des Gorillas 2009 ihr dann 25-jähriges Engagement für die sanften Riesen fortsetzen. Dieser kleine Verein arbeitet mit ausschließlich ehrenamtlichen Überzeugungstätern. Dr. Angela Meder, Vorstandsmitglied der B&RD: „Uns ist es wichtig, dass Mitgliedsbeiträge und Spenden direkt in den Gorillaschutz fließen. Wir haben unsere Ansprechpartner vor Ort, pflegen Kontakte zu Wissenschaftlern und den lokalen Naturschützern. So sind wir immer recht gut informiert, was wo fehlt und welche Projekte gerade in Planung sind.“
Gorillas trotz internationaler Bemühungen vom Aussterben bedroht
Dank internationaler Zusammenarbeit in den letzten Jahrzehnten gibt es Erfolge zu verzeichnen: Einige Gorillabestände haben sich erfreulich gut entwickelt. Trotzdem sind laut der Roten Liste gefährdeter Arten drei der vier Gorilla-Unterarten vom Aussterben bedroht.
Illegale Abholzung in den Reservaten für den Eigenbedarf oder zur Holzkohlegewinnung dezimieren oder zerstückeln den natürlichen Lebensraum der Gorillas. Dazu kommt der Straßenbau, der für den Weltmarkt benötigte Ressourcen erschließen soll. Gorillakinder erzielen hohe Preise auf dem Schwarzmarkt. Auch Wildererfallen stellen eine Gefahr dar, denn unerfahrene Gorillas verfangen sich darin und verlieren eine Hand oder den Fuß oder sterben sogar an Wundbrand. Der Handel mit Wildfleisch, dem sogenannten „Bushmeat“ — Menschenaffen sind in manchen Regionen sehr begehrt — stellt eine vergleichsweise lukrative Erwerbsquelle für die arme Bevölkerung dar. Die Arbeit in den Minen zum Abbau begehrter Mineralien bietet eine weitere rare Verdienstmöglichkeit. Auch damit wird Gorilla-Lebensraum vernichtet. Bewaffnete Konflikte wie die derzeitigen Kämpfe im Ostkongo, die daraus resultierenden Flüchtlingsströme, Krankheiten und Epidemien bedrohen auch die Gorillas. Die exakte Zahl der noch lebenden Gorillas lässt sich nur schwer ermitteln, vor allem in Gebieten, die von Rebellen kontrolliert werden.
Finanzkrise trifft die Cross-River-Gorillas in Kagwene
Die Cross-River-Gorillas (Gorilla gorilla diehli) sind die am meisten gefährdeten Menschenaffen. In Kamerun schätzt man ihre Zahl auf etwa 150, aus Nigeria kommen noch 70—90 Tiere dazu. Und die Lage spitzt sich weiter zu: Aufgrund der internationalen Finanzkrise beginnen Sponsoren, ihre Zusagen für Schutzprogramme zurückzuziehen, meldet Aaron Nicholas, Direktor des Takamanda-Mone-Projekts in Kamerun und Ansprechpartner von B&RD vor Ort. B&RD wird bei den schlimmsten Engpässen helfen: Die täglichen Patrouillen zum Schutz und zur Beobachtung der Gorillas in Kagwene müssen weitergehen, und die Solarstromanlage, die bei einem Blitzeinschlag schwer beschädigt wurde, muss repariert werden. Außerdem brauchen die Projektmitarbeiter Unterstützung, denn die Nahrungsmittelpreise sind stark gestiegen.
Bäume für Mt. Tshiaberimu zum Schutz der seltenen Grauergorillas
Der Mt. Tshiaberimu liegt im Osten der Demokratischen Republik Kongo und gehört zum Virunga-Nationalpark. Hier leben 18 Grauergorillas (Gorilla beringei graueri). Im Auftrag von B&RD zieht die kongolesische Initiative SAGOT 40 000 Bäume in einer Baumschule heran, die 2009 am Rand des Nationalparks gepflanzt werden. So wird eine Pufferzone in dem Bereich geschaffen, den die Gorillas häufig nutzen. Dabei erhalten einheimische Frauen und Männer Arbeit. Das gesamte Projekt wird von B&RD finanziert.
Bananen und andere Früchte — Konkurrenz zwischen Mensch und Berggorilla
Konflikte zwischen Mensch und Gorilla entstehen überall dort, wo der Lebensraum der Gorillas schwindet und neue Felder in unmittelbarer Nähe zu den Parkgrenzen entstehen. In Ruanda und Uganda wurde das Programm HuGo (Human—Gorilla Conflict Resolution) ins Leben gerufen, um reale Konflikte zwischen Menschen und Gorillas zu lösen bzw. zu vermeiden. In neun Dörfern am Rand des Bwindi-Impenetrable-Nationalparks in Uganda entstanden Teams, die die Berggorillas beobachten und in kritischen Situationen einschreiten. Sie folgen den Gorillas, sobald diese sich aus dem Park herausbewegen, und verjagen sie mit Rufen und Trillerpfeifen von den Feldern, ohne die Tiere zu verletzen. Inzwischen gibt es 42 Teams. HuGo kümmert sich auch um die hygienische Situation der Team-Mitglieder, die oft katastrophal ist; so soll auch die Übertragung von Krankheiten auf Wildtiere verhinert werden. B&RD unterstützt HuGo 2009 bei der Beschaffung geeigneter Kleidung und Fahrräder für die Teams, investiert in deren Ausbildung und fördert Kleinstgewerbe der Mitarbeiter. Ein zentrales Instrument, um die Akzeptanz der Bevölkerung für den Gorillaschutz hochzuhalten.
B&RD war es immer wichtig, die ortsansässige Bevölkerung in die Schutzprojekte zu integrieren. Dr. Angela Meder: „Die Menschen werden unsere Arbeit nur unterstützen, wenn wir auf ihre Bedürfnisse Rücksicht nehmen und ihr Leben verbessern.“
Für die Gorillas ist die Lage kritisch. Sie selbst können sich nicht helfen. Mal sehen, was ihre nahen Verwandten bewegen! Das Jahr des Gorillas könnte endlich die für ein dauerhaft friedliches Miteinander benötigten Impulse bringen.
Das Leben unserer haarigen Vettern in Afrikas Wäldern
Gorillas sind uns Menschen nah verwandt: sie teilen 98% der Gene mit uns. Sie gelten als ausgesprochen intelligent. Gorillagruppen haben meist fünf bis 20 Mitglieder. Sie bewegen sich überwiegend auf der Erde, klettern aber auch auf Bäume, wenn es dort etwas Leckeres zu Futtern gibt oder sie ihr Schlafnest dort einrichten wollen. In der Gruppe herrscht eine klare Rangordnung, angeführt von einem Silberrückenmann. Seine bevorzugte Stellung erreicht er zuerst durch seine Lebenserfahrung und im Kampf gegen Rivalen. Er kennt das Streifgebiet und führt seine Gruppe zu jeder Jahreszeit an die richtigen Futterplätze. Geschickte Gorillamänner entfernen Wildererschlingen von den Händen oder Füßen ihrer Gruppenmitglieder. Frauen verlassen beim Erwachsenwerden üblicherweise ihre Geburtsgruppe. Lässt eine Gorillafrau dabei ein Junges zurück, so nimmt sich der Silberrücken der Waise an und umsorgt sie, bis sie groß genug ist, sich innerhalb der Familie selbst zu behaupten. Gorillas werden erst mit 10 Jahren geschlechtsreif. Die Tragzeit beträgt 234—289 Tage und zählt mit der des Menschen zu den längsten aller Primaten. Das Geburtsintervall liegt bei 3,5—4,5 Jahren. Durch die langsame Vermehrung brauchen Gorillabestände, die etwa durch Wilderei dezimiert wurden, sehr lange, um sich zu erholen.
Über Berggorilla & Regenwald Direkthilfe e.V.
Berggorilla & Regenwald Direkthilfe e.V. wurde 1984 gegründet und widmet sich dem Schutz bedrohter Gorillapopulationen und ihrer Lebensräume durch gezielte Projektförderung, Forschung und Information. Unser Augenmerk gilt dem Überleben der Östlichen Gorillas (Gorilla beringei) in Ruanda, Uganda und im Kongo. Wir liefern Ausrüstungsgegenstände an die örtlichen Wildhüter und helfen bei der Markierung von NationalparkÂgrenzen. Um den Lebensraum der Gorillas zu erhalten oder zu erweitern, fördern wir z. B. die Aufforstung mit heimischen Baumarten. Wir stellen Geldmittel zur Verfügung, um die einheimische Bevölkerung über die Folgen der Abholzung und die Bedeutung der Schutzgebiete zu informieren. Gemeinsam mit internationalen Organisationen investieren wir in Forschungsprojekte vor allem einheimischer Wissenschaftler. In Deutschland berichten wir in Vorträgen, auf Ausstellungen und unter www.berggorilla.org über den Gorillaschutz und die Situation in den Ländern. Unsere Mitgliederzeitschrift „Gorilla-Journal“ erscheint zweimal jährlich in Deutsch, Englisch und Französisch. Die Arbeit des Vereins finanziert sich durch Mitgliedsbeiträge und Spenden. Berggorilla & Regenwald Direkthilfe ist als gemeinnützige Organisation durch das Finanzamt Mülheim/Ruhr anerkannt.