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Klimaschutz: Europa hinkt CO2-Zielen weiter hinterher

Deutschland zählt innerhalb der Europäischen Union zu einem der wenigen Vorreiter bei der Reduzierung des CO2-Ausstoßes. Nach aktuellen Angaben der Bundesregierung lagen die deutschen Treibhausgasemissionen 2010 etwa 25 Prozent unter dem Niveau von 1990. Das sind rund vier Prozent mehr, als das Kyoto-Protokoll verlangt. Dänemark, Irland und Schweden können ebenfalls Fortschritte vorweisen. Das von den europäischen Staaten selbst gesetzte Ziel einer nahezu emissionsfreien Welt bis zur Jahrhundertmitte wird bei gleichbleibendem Tempo dennoch weit verfehlt.

Darauf weisen die Umweltschutzorganisation WWF und das in Deutschland ansässige Forschungsinstitut Ecofys in einer Anfang Dezember zum Start der internationalen Klimaverhandlungen im südafrikanischen Durban veröffentlichten Studie hin. Das aktuelle Klimaschutzengagement der 27 EU-Mitgliedsstaaten wird darin auf einer von A bis G reichenden Skala mit E bewertet. Das entspricht etwa der deutschen Schulnote 4 minus. Die Autoren bescheinigen lediglich neun Mitgliedsstaaten Verbesserungen gegenüber dem Vorjahr. Als europäische Schlusslichter führen sie Bulgarien, Griechenland, Polen, Finnland, Luxemburg, Malta und Rumänien auf. Deutschland, das in der Studie zur Spitzengruppe zählt, empfehlen sie deutliche Steigerungen der Energieeffizienz.

Bundesumweltminister Norbert Röttgen kündigte anlässlich der Klimaverhandlungen in Durban an, hier nachlegen zu wollen. Ein geringerer Energieverbrauch trage „zu Kostensenkung und geringerer Importabhängigkeit der deutschen Wirtschaft bei“. Sein britischer Amtskollege Chris Huhne äußerte sich Anfang Dezember ähnlich und stellte einen neuen Carbon Plan vor, der die CO2-Emissionen des Vereinigten Königreichs bis 2050 um 80 Prozent gegenüber 1990 reduzieren soll. Bis dato wurden 25 Prozent erreicht. Geschlossen werden soll die verbleibende Lücke durch mehr Energieeffizienz und mehr erneuerbare Energien, aber auch durch die Atomkraft, die die britische Regierung zu den CO2-armen Energieträgern zählt. Das derzeitige Klimaschutzengagement Großbritanniens bewerten die Ecofys-Forscher mit einem „E“.

Energie- und Klimaminister Huhne sagte, der neue „Kohlenstoffplan“ senke die Energierechnungen britischer Verbraucher bis zum Jahr 2020 vermutlich um sieben Prozent. Langfristig seien höhere Energiekosten zu erwarten. Die Preissteigerungen fielen mit einer ehrgeizigen Klimapolitik jedoch um 84 Pfund pro Jahr und Kopf geringer aus als ohne. Die britische Regierung erwartet von der schrittweisen Neujustierung der heimischen Wirtschaft zudem neue Arbeitsplätze. Von einer positiven Jobbilanz auf dem Weg zu einer CO2-armen Weltwirtschaft gehen auch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und die Internationale Energieagentur aus. Erneuerbare Energien seien arbeitsintensiver als fossile, heißt es in einer neuen Studie der beiden Organisationen zur Begründung.

OECD-Generalsekretär Angel Gurría warnte bei deren Vorstellung Anfang Dezember vor den negativen Klimafolgen, die nicht-nachhaltige Investitionen in die Energieinfrastruktur nach sich zögen. „Neue Infrastrukturen müssen emissionsfrei sein“, so Gurría. Sonst drohten Fehlinvestitionen, die in langfristig steigenden Emissionen mündeten. OECD und IEA empfehlen außerdem, sämtliche Subventionen für fossile Brennstoffe zu beenden und CO2-Emissionen mit einem Preis zu versehen. Die Europäische Union, das sagen die Umweltstiftung WWF und Ecofys, könnte ihre Klimabilanz um das Zweifache verbessern, wenn alle Mitgliedsstaaten die in den einzelnen Staaten schon heute umgesetzten besten Klimaschutzpraktiken kopierten. Dies mache deutlich, dass die Politik Möglichkeiten zum Klimaschutz habe, diese aber nicht EU-weit umgesetzt würden.

Quelle: „Rat für Nachhaltige Entwicklung“, www.nachhaltigkeitsrat.de