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Kompensation für Windräder

Der Bau von Stromleitungen oder Windrädern im Zuge der Energiewende beansprucht Fläche. Das Bundeskabinett hat nun die Regeln vereinheitlicht, wie viel Betreiber solcher Anlagen für den Verlust an Umwelt und unberührter Landschaft zahlen müssen. Umweltverbände kritisieren den Entwurf — er sei vielerorts ein Rückschritt für den Naturschutz.

Wer in Deutschland Landschaft  verbaut, muss den Verlust an anderer Stelle ausgleichen. Die Regeln, wie das zu tun ist, sind in Deutschland durch Landesgesetze geregelt und bisher nicht einheitlich. Nahezu unübersehbar sei der Bestand an Normen, Vorschriften, Erlassen und Leitfäden von Kommunen, Bund und Ländern, heißt es in der Begründung der „Bundeskompensationsverordnung“, die das Bundeskabinett am 24. April verabschiedet hat. Sie soll den Regel-Dschungel lichten. Noch fehlt die Zustimmung des Bundesrates. Er gibt am 7. Juni sein Votum ab.Das federführende Bundesumweltministerium hatte sich mit dem Verkehrs- und Landwirtschaftsministerium auf den Text geeinigt.

Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) Opens external link in new windowteilte mit, die Verordnung werde „sowohl den Anliegen der Land- und Forstwirtschaft als auch des Umwelt- und Naturschutzes gerecht“.  Der Opens external link in new windowBundesverband Windenergie sieht es positiv, dass die Regeln vereinheitlicht werden. Grundsätzlich galt und gilt die Prämisse: Wer baut, muss Natur gleichartig, zumindest aber gleichwertig ersetzen. Im Fachjargon gibt es verschiedene „Schutzgüter“ wie Boden, Wasser, Klima, Luft, Biotope, Tiere, Pflanzen oder das Landschaftsbild. Wer ein Gewässer zerstört, muss einen adäquaten Ersatz für Tiere und Pflanzen oder andere Schutzgüter schaffen, im besten Fall: ein neues Gewässer anlegen. Wenn das in der Region nicht möglich ist, sind auch Ersatzmaßnahmen erlaubt, etwa, indem eine Grünlandfläche aufgewertet wird. Erst wenn weder Ausgleich noch Ersatz möglich sind, kommt die dritte Möglichkeit ins Spiel: Eine Ersatzzahlung, in der Regel an Umweltbehörden.

Windkraftanlagen und Freileitungen stellen einen Sonderfall dar. Sie beeinträchtigen neben der konkreten Inanspruchnahme von Flächen das Landschaftsbild,  was sich in der Regel weder ausgleichen noch ersetzen lässt. Hier kommen Ersatzzahlungen ins Spiel, die der Betreiber zahlen muss. Das gilt für Masten, Gebäude, Aufschüttungen, Abgrabungen und Talbrücken, was einer der Punkte ist, an dem sich die Kritik der Naturschutzverbände entzündet. „Kritisch ist, dassWindparkbetreiber nach den nun festgelegten Beträgen weniger für die Kompensation zahlen müssen als vorher“, sagt Elke Bruns, Vorstandsmitglied des Bundesverbandes Beruflicher Naturschutz.Bruns verweist auf die Begründung  der Verordnung, in der verdeutlicht wird, dass die neuen Berechnungsmethoden im Vergleich zu den aktuell geltenden Regelungen der Bundesländer zu geringeren Ersatzgeldsummen führen. Bislang  müssen Betreiber demnach für ein Windrad von 200 Metern Höhe zwischen 20.000 und 240.000 Euro zahlen, um die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes auszugleichen. Nach der neuen Kompensationsverordnung wären es noch 20.000 bis maximal 160.000 Euro — je nachdem, wo die Anlage steht.

Deutliche Kritik von Naturschützern

Grundsätzlich sei es richtig, die methodischen Ansätze zur Bemessung des Kompensationsumfangs zu vereinheitlichen, sagt Bruns. Jedoch haben sich im Zuge der weiteren Beratungsrunden mehr und mehr die Interessen der Verursacher zu Lasten des Naturschutzes im Verordnungsentwurf niedergeschlagen, kritisiert sie. Den ersten Entwurf vom Dezember 2012 haben die meisten Naturschutzverbände noch begrüßt.

Dazu gehörte auch der NABU, der den jetzigen Kabinettsbeschluss kritisiert. „Die Verordnung wird in der Form das Schutzniveau absenken“, sagt Till Hopf, NABU-Naturschutzreferent. Viele Formulierungen ließen diesbezüglich zu viel Spielraum. Auch könnten  Unternehmen als Ausgleich bereits bestehende Schutzgebiete finanzieren oder Geld in Naturschutzprojekte stecken, die nach dem Bundesnaturschutzgesetz staatliche Aufgaben sind. „Der NABU sieht hier ein Einfallstor für eine Aufweichung originär staatlicher Naturschutzfinanzierung“, schreibt der NABU.  

Heinrich Graf von Bassewitz, Bundesbeauftragter des Deutschen Bauernverbandes für den ökologischen Landbau und Mitglied des Rates für Nachhaltige Entwicklung, sieht auf den positiven Aspekt: „Dass es jetzt bundesweit einheitliche Regeln gibt, macht Sinn, auch wenn dafür in einzelnen Ländern zwangsläufig Umweltstandards leicht abgesenkt werden“. Die Verordnung sei zwar nicht ausreichend, um das Problem des ausufernden Flächenverbrauchs in Deutschland in den Griff zu bekommen, aber ein Schritt in die richtige Richtung. „Zumal Eingriffe in das Landschaftsbild durch Entsiegelungsmaßnahmen ausgeglichen werden können“, sagt Bassewitz. Dabei bestünde auch die Möglichkeit, dass bereits verbaute Flächen als Ausgleich renaturiert werden.

Quelle: „Rat für Nachhaltige Entwicklung“, www.nachhaltigkeitsrat.de