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Neue Koalition will kurzlebigen Klimagasen an den Kragen

Die Vereinigten Staaten von Amerika, Kanada, Schweden und drei weitere Länder haben Ruß, Fluorkohlenwasserstoffen und Methan den Kampf angesagt. Eine Initiative zur Reduzierung dieser sogenannten kurzlebigen Klimagase, die zusammen genommen schon für ein Drittel der zu beobachtenden Erderwärmung verantwortlich sein sollen, stellten US-Außenministerin Hillary Clinton und weitere hochrangige Politiker Mitte Februar in Washington vor

Mit ihrer Initiative, der Climate and Clean Air Coalition to Reduce Short-Lived Climate Pollutants, wollen sie die Welt im Kampf gegen den Klimawandel unterstützen — und Millionen Menschen vor einem zu frühen Tod bewahren.

Anders als das Klimagas CO2, das bis zu hundert Jahren in der Atmosphäre verbleibt, belasten Ruß, Fluorkohlenwasserstoffe und Methan die Lufthülle der Erde nur wenige Tage bis Jahre. Sinkt ihr Ausstoß, profitiert das Klima daher relativ schnell. Die „Clean Air Coalition“ rechnet damit, dass sich durch entsprechende Emissionsminderungen die Erderwärmung bis zur Jahrhundertmitte um bis zu 0,5 Grad abbremsen lässt. Das wäre ein Viertel der Strecke auf dem Weg zur Einhaltung des Zwei-Grad-Klimaschutzziels. Da der Kampf gegen diese Klimagase zudem die Feinstaubbelastung in der Luft senkt, dürften weniger Menschen Erkrankungen der Atemwege und des Herzens zum Opfer fallen.

Heute sterben laut Weltgesundheitsorganisation jährlich über drei Millionen Menschen an den Folgen von Luftverschmutzungen, unter anderem durch Ruß, der zum Beispiel bei der offenen Verbrennung von Dung entsteht, mit dem viele Menschen in ärmeren Ländern heizen und kochen. Methan, das aus Mülldeponien und Rindermägen entweicht und auch bei der Ölproduktion anfällt, wird mit steigenden Ozon-Belastungen und Ernteausfällen in Verbindung gebracht. Fluorkohlenwasserstoffe, die beispielsweise in Kühlgeräten eingesetzt werden, gelten ebenfalls als potente Klimakiller: Den Angaben zufolge könnten sie bis zur Jahrhundertmitte mit bis zu 20 Prozent zur Erderwärmung beitragen werden, wenn nichts passiert.

Die neue Koalition will jetzt den Kampf gegen diese Klimagase verschärfen. Geplant sind unter anderem Hilfen für ärmere Länder bei der Entwicklung nationaler Aktionspläne und weltweite Infokampagnen. Außerdem sollen mehr öffentliche und private Mittel für den Kampf gegen die kurzlebigen Klimagase gesammelt werden. Zum Start stehen 15 Millionen US-Dollar bereit. Weitere 12 Millionen US-Dollar will die Regierung Obama geben. Neben den USA und Kanada, die sich verbindlichen Klimaschutzauflagen unter dem Kyoto-Protokoll verweigern, zählen Bangladesh, Ghana, Mexiko, Schweden und das Umweltprogramm der Vereinten Nationen UNEP zu den Gründungspartnern der Koalition.

Die Reduzierung dieser Klimagase ist laut UNEP längst möglich: Rußemissionen etwa könnten durch Austausch alter Backsteinöfen in ärmeren Ländern oder durch Filter in Dieselmotoren vermieden werden; Methanemissionen durch Auffangen des Gases bei der Ölproduktion. Noch wird das dabei entstehende Methan meist abgefackelt, was zur Erderwärmung beiträgt. Aufgefangen und aufbereitet taugt das Gas als klimafreundlicher Energieträger. Eine rasche Reduzierung der kurzlebigen Klimagase, so UNEP-Chef Achim Steiner, könne „schnelle Gewinne“ für den Klimaschutz und die Nachhaltigkeit liefern.

Teuer müssten diese Gewinne nicht erkauft werden. Eine Studie unter Federführung des NASA-Wissenschaftlers Drew Shindell kam Anfang des Jahres zu dem Schluss, dass die Vermeidungskosten pro Tonne Methan unter 250 US-Dollar liegen, während der wirtschaftliche Nutzen sich auf 700 bis 5.000 US-Dollar je Tonne summiert — durch weniger frühzeitige Todesfälle und steigende Ernteerträge. Von den Leitern der US-amerikanischen Denkfabriken Center for American Progress und Center for Global Ethics wurde die neue Initiative auch daher begrüßt. Erfolgreich umgesetzt, verspreche sie eine acht Mal höhere Klimaentlastung als das Kyoto-Protokoll. Ersatz für die nötige Reduzierung des Klimagases CO2 dürfe sie allerdings ebenso wenig sein wie eine Entschuldigung für weitere Verzögerung beim dringend nötigen Umbau der amerikanischen Energieversorgung in Richtung Nachhaltigkeit, so die Chefs der beiden Institute in einem Kommentar für das Magazin Politico.

 

Quelle: „Rat für Nachhaltige Entwicklung“, www.nachhaltigkeitsrat.de