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Neues Urwaldschutzgesetz aus dem Hause Trittin

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) hat ein neues Gesetz vorgestellt: Das Urwaldschutzgesetz.

Damit will Bundesumweltminister Jürgen Trittin die Vermarktung von illegal geschlagenem Urwaldholz in Deutschland stoppen. "Die Lage der Urwälder ist so dramatisch, dass wir alle es uns nicht leisten können, die Chance für wirksame Rettungsmaßnahmen leichtfertig zu verspielen", so Trittin bei der Präsentation des Gesetzentwurfs, der auf einen Antrag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zurückgeht.

Tatsächlich ist es nicht gut um die letzten Urwälder unseres Planeten bestellt. Die Wälder der sibirischen Taiga werden auf Teufel komm raus legal und illegal gerodet. Und in Schwarzafrika sowie in Südostasien macht sich der illegale Holzeinschlag in den letzten Urwaldgebieten, die noch nicht der Papier-, Zellstoff- oder der Palmölindustrie zum Opfer gefallen sind, ebenso breit wie in Brasilien, wo gleichzeitig Soja-Barone den Amazonasregenwald in Feuer und Rauch aufgehen lassen. Ob in Indonesien, Malaysia, Birma, im Kongo oder in Lateinamerika: Mit den Wäldern sind auch Hunderttausende von Ureinwohnern und traditionell lebenden Bevölkerungsgruppen Opfer dieser rücksichtslosen Holzausbeutung. Mit dem neuen Gesetz sollen nun wenigstens in Deutschland Besitz und Vermarktung von Holz, das in Urwäldern illegal eingeschlagen wurde, und die daraus hergestellten Produkte verboten werden.

Die Umweltverbände begrüßen den Gesetzentwurf im Grundsatz. Er habe „das Zeug dazu, die Kettensägen im Urwald zu stoppen“, so der Greenpeace-Waldexperte Martin Kaiser. Holz aus ökologischer und sozial gerechter Waldwirtschaft erhielte damit den notwendigen Wettbewerbsvorteil. Und Nina Griesshammer vom WWF lobt: „Deutschland übernimmt mit dem Urwaldschutzgesetz eine Vorreiterrolle in Europa und der Welt.“ Trittin setze damit ein klares Signal gegen die weltweite Waldzerstörung und gegen das Artensterben. Auch Alex Flor von Watch Indonesia findet das Gesetz für notwendig, nicht zuletzt stamme über 70 Prozent der aus Indonesien nach Deutschland importierten Hölzer aus illegalen Quellen.

Obwohl das geplante Gesetz die Bedeutung der regionalen Forst- und Holzwirtschaft in Deutschland — hier gibt es ja faktisch keinen illegalen Urwaldeinschlag mangels Urwald - erhöht, übt die deutsche Holzwirtschaft heftige Kritik daran. „Aus unserer Sicht ist dieser nationale Alleingang völlig ungeeignet, Urwälder effektiv vor illegalen Holzeinschlägen zu schützen“, so die Stellungnahme des Deutschen Holzwirtschaftsrates (DHWR), des Deutschen Forstwirtschaftsrates (DFWR) und der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände (AGDW). Der Gesetzesentwurf sei „ein völlig unverhältnismäßiges und auch unsinniges Regelsystem“, das über eine Million Arbeitsplätze in Deutschland „dramatisch gefährdet“. Noch unsinniger ist die Panikmache des AGDW-Präsidenten Michael Prinz zu Salm-Salm, durch das Trittin-Gesetz könne ein Großteil der deutschen Wälder plötzlich zu Urwäldern erklärt und deutsche „Kleinprivatwaldbesitzer“ damit quasi enteignet werden. Und völlig zu unrecht von Trittin in die Pflicht genommen fühlt sich der Gesamtverband Deutscher Holzhandel, der jede Schuld an der globalen Urwaldabholzung weit von sich weist. Als Schrittmacher der eigentlichen Waldvernichtung macht er stattdessen „die Multis der Nahrungsmittelindustrie“ aus. Schuld am illegalen Holzeinschlag sei generell nicht der Holzhandel, sondern die „verarmte indigene Bevölkerungsschicht“.

Unabhängig von dieser ideologisch gesteuerten Fundamentalkritik hat der Trittin-Entwurf aber tatsächlich einige Schwachstellen, die sich sowohl für den Waldschutz, als auch für die deutsche Wirtschaft nachteilig auswirken können. Das Gesetz gegen die Vermarktung von Holz und Holzprodukten aus illegalem Einschlag in Urwäldern erfasst zwar Rohholz, Bretter, Sperrholz, Spanplatten, Holzkohle, Zellstoff, Papier und Pappe sowie Holzmöbel und Holzspielzeug. Nicht erfasst aber werden Bücher, Zeitungen und andere Druckschriften, dabei lassen schon seit einigen Jahren viele deutsche Unternehmen ihre Publikationen aus Kostengründen im Ausland drucken, wie zum Beispiel in Tschechien. Und so manches „deutsches“ Kinderbuch kommt sogar direkt aus Südostasien. Somit verschafft das Gesetz gerade osteuropäischen und asiatischen Druckereien, die sich weiterhin billigem Papier aus illegalem Einschlag bedienen können, einen zusätzlichen Wettbewerbsvorteil.

Dann gilt das Gesetz ausschließlich für die großen Unternehmen im Holzgeschäft. Privatpersonen sowie für Händler und Holzverarbeiter mit einem Jahresumsatz von weniger als 100.000 Euro sind ausdrücklich von der Nachweispflicht, dass ihre Produkt nicht aus illegalen Quellen stammen, befreit. Umgekehrt aber ist das vorgesehene maximale Bußgeld von 50.000 Euro Peanuts für das „big Business“. Und schließlich schützt das Gesetz nur die Urwälder, die auch in dem jeweiligen Herkunftsstaat unter Schutz stehen. Holz aus staatlich genehmigtem Urwaldkahlschlag darf weiterhin in Deutschland in allen seinen Formen vermarktet werden. Selbst wenn dabei der Holzeinschlag in den betreffenden Staaten gegen Menschenrechte und traditionelle Besitzrechte der Waldvölker verstößt. Auch hilft das Gesetz wenig, wenn Urwälder einfach „platt gemacht“ und durch schnell wachsende Holzplantagen ersetzt werden.

Fazit: Aus Sicht der Umweltschutzverbände ist Trittins Gesetzesentwurf ein längst überfälliger erster Schritt in die richtige Richtung. Für die einflussreiche deutsche Holzimportwirtschaft hingegen ist jegliches nationales Gesetz zum Schutz der Urwälder ein rotes Tuch.

Norbert Suchanek

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