Denn Jatropha wird vor allen den ärmsten Entwicklungsländern als ideale Biodiesel- oder Agrarenergiepflanze angepriesen oder besser gesagt aufgedrängt. Vor allem die mit deutschen Steuergeldern bezahlten Agraringenieure der GTZ (Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit) puschen seit einigen Jahren die Brechnuss in Afrika, Asien und Lateinamerika.
Tatsächlich aber zeige die Realität schlimme soziale und ökologische Folgen des Jatropha-Anbaus, berichtete schon im vergangenen Jahr der Grain-Report (www.grain.org). Westaustralien hat auch deshalb die Pflanze verboten, "weil sie für Mensch und Tiere giftig ist und weil sie sie Fähigkeit besitzt, sich rasch auszubreiten und in kurzer Zeit zu einer schwer zu kontrollierenden Plage werden kann." Das heißt konkret: Die indische Brechnuss bedroht auch die Biodiversität, wie zum Beispiel in Deutschland das eingeschleppte Indische Springkraut, das sich nun seit über zehn Jahren in den letzten Auwäldern Bayerns wie die Pest verbreitet und die einheimischen Pflanzen verdrängt.
Auch die die oft wiederholte Behauptung, dass Bauern Jatropha auf armen Böden ohne Bewässerung anbauen könnten, ist nur graue Theorie. Realität sei, so Grain, dass die Ernten unter diesen Bedingungen so niedrig sind, dass sich der Anbau nicht lohnt. Auch wird immer wieder behauptet Jatropha werde nur auf Brachland angebaut. Tatsächlich aber werden "Brachlandflächen" in der Regel von mehr oder weniger nomadisierenden Viehzüchtern und indigenen Völkern genutzt. Wird hier Jatropha angebaut, verlieren diese Menschen ihre Existenz und Lebensraum - und die lokale Bevölkerung die wichtigen Lebensmittel Fleisch, Milch und Käse sowie die wichtigen Rohstoffe Wolle und Leder. Energiepflanzen wie Jatropha, Zuckerrohr oder Ölpalmen auf "Brachland" anzubauen ist ungefähr genauso, wie wenn wir in Deutschland das "Brachland" namens Lüneburger Heide in Jatropha-Plantagen umwandeln würden. Was würde dann wohl mit den Schafen und Schafzüchtern passieren? Und würde die deutsche Bevölkerung die Zerstörung dieser typisch deutschen Kulturlandschaft im Namen von Biodiesel erlauben?
Die Hamburger Umweltschutzorganisation Rettet den Regenwald hat nun eine Briefaktion gegen den Jatropha-Anbau gestartet, denn die beiden deutschen Konzerne Bayer und Daimler wollen damit indische Bauern beglücken.
"Die Bayer CropScience AG und die Daimler AG planen zusammen mit der US-amerikanischen Archer Daniels Midland Company (ADM) den großflächigen Anbau des Jatropha-Strauches in Indien", schreibt Rettet den Regenwald. "Angebaut werden soll die Pflanze von Kleinbauern in Vertragslandwirtschaft. Bayer liefert die dazu notwendige Technologie, die Bauern ihr Land und Arbeitskraft." Doch das Anbaurisiko trügen die Bauern. Rettet den Regenwald: "Durch Knebelverträge drohen sie ihr Land zu verlieren und wichtige Naturräume zerstört zu werden. Wenn die Bauern ihren Acker verlieren, müssen sie in die letzten Wälder ausweichen." Weitere Abholzungen und soziale Konflikte mit den traditionellen Waldbewohnern sind abzusehen.
Der vor allem auch in Brasilien mächtig auftretende und Bayer-Pestizid- und Gentechnikkonzern aus Leverkusen gilt seit langem bei Menschenrechtlern und Umweltschützern als einer der großen Zerstörer von biologischer Vielfalt und Vergifter von Menschen vor allem in den Entwicklungsländern.
Doch nicht nur in Indien: Agrarspritfirmen wie D1 lassen Jatropha auch in Kambodscha, Ghana, Indonesien, den Philippinen, China, Sambia, Südafrika und Swasiland anbauen. Auch Brasilien soll zu einem großen Jatropha-Biodiesel-Produzenten werden, wenn es nach der Regierung Lula da Silva geht. Durch die Brechnuss ist zwar nicht der Amazonasregenwald bedroht, dafür aber die nicht weniger wichtigen Waldökosysteme Cerrado und Caatinga. Und Cerrado und Caatinga leiden bereits heute viel stärker als der Amazonasregenwald unter Soja-, Zuckerrohr- und Eukalyptusmonokulturen.
Norbert Suchanek
Journalist und Autor
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