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Schon wieder Berggorillas im Virunga-Nationalpark getötet

Vermutlich sechs Gorillas umgekommen

 

Im Mikeno-Teil des Virunga-Nationalparks, des ersten Nationalparks Afrikas, verbrachten der Silberrücken Senkekwe und seine 12 Gruppenmitglieder friedliche Juli-Tage, umherstreifend und futternd. Die Gruppe wurde bereits 1985 habituiert. In Gegenwart von Menschen ist sie wenig scheu. Das wurde ihr zum Verhängnis. Die deutsche NGO Berggorilla & Regenwald Direkthilfe (B&RD) ruft auf zu dringendem Handeln, um die Bedrohung für die Tiere zu beenden.

Am 21. Juli um acht Uhr Abends hörten Parkranger im südlichen Mikeno-Teil des Virunga-Nationalparks Schüsse. Der Park ist durch seine dichte Vegetation und das bergige Gelände unübersichtlich, aber die Wildhüter kennen sich gut darin aus. Auf ihren täglichen Patrouillen beobachten sie die seltenen Berggorillas, die an Menschen gewöhnt, "habituiert" worden sind, um von Touristen besucht werden zu können. Eine wichtige Einnahmequelle für die Staaten Ruanda, Uganda und Demokratische Republik Kongo. Als die Parkmitarbeiter am Montag an den Ort der Schießerei gekommen waren, machten sie einen traurigen Fund: Die Gorillafamilie Rugendo - sie ist benannt nach ihrem früheren Führer, dem Silberrückenmann Rugendo, der 2001 den Kämpfen zwischen der kongolesischen Armee und den Rebellen zum Opfer fiel - war angegriffen und drei Weibchen waren durch Schüsse getötet worden. Die toten Gorillas lagen dicht beieinander. Eines der getöteten Weibchen, Unesi, hatte ein zwei Jahre altes Junges, das noch vermisst wird. Das junge Weibchen Mburanumwe war schwanger und stand kurz vor der ersten Geburt. Safari kam durch einen Schuss in den Brustkorb ums Leben. Sie hatte erst im Februar ihre Tochter Ndeze zur Welt gebracht. Die entsetzten Ranger versuchten, sich Gewissheit über das Schicksal der weiteren Gruppenmitglieder zu verschaffen, die offenbar in Panik davongelaufen waren. Ndeze wurde auf der Flucht mit ihrem älteren Bruder gesehen. Da sie noch auf Muttermilch angewiesen ist, befürchten die Ranger nun, dass das Baby bald dehydriert sein wird und ebenfalls sterben muss. Bei Einbruch der Dunkelheit wurden noch immer drei Gorillas vermisst. Am 24. Juli fanden die Ranger dann den Silberrücken der Gruppe, Senkekwe. Er war ebenfalls erschossen worden. In einer Gorillagruppe ist der Silberrückenmann nicht nur der Ranghöchste, sondern er garantiert den Zusammenhalt seiner Gruppe. Er führt seine Gruppe zu jeder Jahreszeit an die richtigen Futterplätze und weiß, wie man mit Menschen umgeht. Manche Gorillamänner können auch Wildererschlingen von den Händen oder Füßen ihrer Gruppenmitglieder lösen.

Die vier toten Gorillas wurden von den Parkrangern auf Tragen ins Lager von Bukima gebracht, begleitet von rund 70 Menschen aus den umliegenden Dörfern. Ein erschütternder, ein schwerer Rückschlag für die Parkranger des Virunga-Nationalparks, die sich unermüdlich und unter Lebensgefahr für das Überleben der sanften Riesen einsetzen.

Berggorilla & Regenwald Direkthilfe (B&RD) ist ständig mit den Personen in Kontakt, die vor Ort arbeiten und liefert Information aus erster Hand. "Mit den Berggorillas hat der Virunga-Nationalpark eine einzigartige Attraktion, die ihn auf der ganzen Welt bekannt gemacht hat", sagt Dr. Angela Meder von B&RD, die die Gorillas im Park besucht hat. "Viele Touristen zahlen gern die 500 US-Dollar, die es heute kostet, die Tiere eine Stunde lang zu beobachten. Doch so lange kein Frieden im Ostkongo herrscht, ist das zu gefährlich. Bis dahin müssen wir alles tun, damit die Gorillas und ihr Lebensraum erhalten bleiben." B&RD wird in den nächsten Monaten die Patrouillen der Wildhüter in der Mikeno-Region unterstützen.

Bewaffnete Milizionäre stören den Frieden im Park

Ein zentrales Problem für den Nationalpark sind die vielen bewaffneten Rebellengruppen im Grenzgebiet Ostkongos. Eine unübersichtliche Situation. Die Provinzen Nord- und Süd-Kivu sind seit langem Brennpunkte der Instabilität in einer unruhigen Region. Sie beherbergen Rebellengruppen, die aus den benachbarten Ländern stammen, sowie einheimische Milizen. Allein rund 10 000 Hutu-Milizen aus Ruanda, so schätzt die UN, halten sich in dieser Unruheprovinz auf und terrorisieren die Bevölkerung. Immer wieder überfallen Rebellen Rangerposten im Nationalpark. Sie entwenden Ausrüstungsgegenstände der Wildhüter, die für die Beobachtung der Gorillas wichtig sind, wie Laptops oder Digitalkameras, aber auch Waffen und Uniformen. Manchmal werden auch Gorillas getötet; es kommt vor, dass die unerfahrenen Rebellen in Panik geraten und losschießen, wenn sie einer an Menschen gewöhnten Gorillagruppe begegnen. Statt den Park zu verlassen, versuchen die Milizionäre, die Naturschützer aus dem Park fernzuhalten. Ihr Denken ist simpel: Sind erst einmal alle Wildhüter vertrieben, kann aus dem Holz des Parks Holzkohle gemacht und verkauft werden. Solche Aktivitäten hinterlassen Spuren der Verwüstung und gefährden die Berggorillas.

Die offzielle kongolesische Armee FARDC, die Forces Armées de la République Démocratique du Congo, ist nicht in der Lage, die Rebellen zu kontrollieren. Und dann ist da noch die MONUC (Mission de lONU en RD Congo), eine von den Vereinten Nationen im Jahr 2000 ins Leben gerufene Friedensmission für den Einsatz in der Demokratischen Republik Kongo. Ihre Aufgaben sind die Überwachung des Waffenembargos und die Unterstützung des UN-Entwicklungsprogramms bei der Demobilisierung, Entwaffnung und Reintegration kongolesischer Milizen. Die MONUC geriet wiederholt in die Kritik; den Blauhelmen wird Zögerlichkeit, Wegschauen und sogar Bestechlichkeit vorgeworfen. Es kam immer wieder zu Demonstrationen der einheimischen Bevölkerung gegen die MONUC, bei denen UN-Fahrzeuge und -Einrichtungen angegriffen wurden.

Erst vor kurzem wiederholte der UN-Sicherheitsrat seine Forderung, dass bewaffnete Gruppen im Ostkongo "ihre Waffen niederlegen und sich freiwillig und bedingungslos demobilisieren, repatriieren, wiederansiedeln und reintegrieren lassen". An die Regierung in Kinshasa erging der Appell, in enger Zusammenarbeit mit der UNO in der Demokratischen Republik Kongo "einen umfassenden Plan zur Sicherheit im Osten des Landes" zu erstellen, und dabei die kongolesische Miliz zu entwaffnen und fremde Kämpfer in ihre Heimatländer zurückzuschicken.

Schöne Worte. Für die letzten Berggorillas kommen diese vielleicht schon zu spät. Mit der Rugendo-Gruppe wurde eine der letzten 30 Gorillafamilien der Virunga-Vulkane mutwillig und brutal zerstört.

Über Berggorilla & Regenwald Direkthilfe e.V.

Berggorilla & Regenwald Direkthilfe e.V. wurde 1984 gegründet und widmet sich dem Schutz der Berggorillas und ihrer Lebensräume durch gezielte Projektförderung, Forschung und Information. Unser Augenmerk gilt dem Überleben der Östlichen Gorillas (Gorilla beringei) in Ruanda, Uganda und im Kongo. Wir liefern Ausrüstungsgegenstände an die örtlichen Wildhüter und helfen bei der Markierung von Nationalparkgrenzen. Um den Lebensraum der Gorillas zu erhalten oder zu erweitern, fördern wir z.B. die Aufforstung mit heimischen Baumarten. Wir stellen Geldmittel zur Verfügung, um die einheimische Bevölkerung über die Folgen der Abholzung und die Bedeutung der Schutzgebiete zu informieren. Gemeinsam mit internationalen Organisationen investieren wir in Forschungsprojekte vor allem einheimischer Wissenschaftler. In Deutschland berichten wir in Vorträgen, auf Ausstellungen und unter Öffnet einen externen Link in einem neuen Fensterwww.berggorilla.org über den Gorillaschutz und die Situation in den Ländern. Unsere Mitgliederzeitschrift "Gorilla-Journal" erscheint zweimal jährlich in Deutsch, Englisch und Französisch. Die Arbeit des Vereins finanziert sich durch Mitgliedsbeiträge und Spenden. Berggorilla & Regenwald Direkthilfe ist als gemeinnützige Organisation durch das Finanzamt Mülheim/Ruhr anerkannt. Bankverbindung Stadtsparkasse Mülheim/Ruhr Konto 353 344 315, BLZ 362 500 00 IBAN DE06 3625 0000 0353 3443 15 SWIFT-BIC SPMHDE3E