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Strom aus der Strömung

Vor der Küste Englands wurde Mitte Juni 2003 die erste Versuchsanlage eines neuartigen Typs von Gezeitenkraftwerk in Betrieb genommen.

 

Die Kraft des Wassers macht sich der Mensch schon seit langer Zeit zu nutze. Früher trieben an Fluss- und Bachläufen errichtete Wasserräder z.B. Getreidemühlen an. In einigen Gegenden Deutschlands ist die Bezeichnung „Hammersee“ noch anzutreffen. Diese Seen waren in vorindustrieller Zeit Staubecken, die periodisch zum Betrieb von mechanisch betriebenen Schmiedehämmern mittels Wasserrad genutzt wurden.

Heute wird die Wasserkraft, genau wie die Sonnen- und Windenergie, als alternative Energiequelle zu fossilen Brennstoffen und der Atomenergie genutzt. Der Energiebedarf der modernen Gesellschaft steigt stetig. Kohle und Atomenergie geraten im Hinblick auf die Umweltbelastung immer mehr unter Druck.

Es gibt heute unterschiedliche Möglichkeiten, die Kraft des Wassers zu nutzen.
Laufwasserkraftwerke nutzen die Energie abfließenden Wassers aus höherer Lage.
Meist in den Bergen kommen Speicherkraftwerke zum Einsatz. Sie nutzen die Kraft des Wassers, das in Stauseen aufgefangen wird oder aus hoch in den Bergen liegenden Seen abfließt. Eine Variante sind Pumpspeicherkraftwerke. Sie arbeiten meist mit zwei künstlichen oder auch natürlichen Speicherbecken auf unterschiedlichem Höhenniveau. Eingesetzt werden sie zumeist, um die Spitzenlasten des Stromnetzes mit abzufangen. Dabei wird nachts Wasser in das höhere Becken gepumpt. Die Energie, die dafür benötigt wird, ist „billig“, da die Netzlast nachts niedrig ist. Zu den Spitzenzeiten tagsüber lässt man dann das Wasser in das tieferliegende Becken zurückfließen, wobei eine Turbine betrieben wird, die die zu dieser Tageszeit „teure“ Energie liefert.

Die Kräfte des größten Wasserspeichers der Erde, der Ozeane, wird erst seit vergleichsweise kurzer Zeit genutzt. Der immer währende Tidenhub und die stetige Wellenbewegung stellt eine gigantische Energiequelle dar, um deren Nutzung man mehr und mehr bemüht ist.
Gezeitenkraftwerke wie jenes bei St. Malo in Frankreich, das schon aus den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts stammt, nutzen die Energie des Vorort sehr starken Tidenhubs. In St. Malo werden auf diesem Weg ca. 500 GWh pro Jahr erzeugt.

 

Gezeitenkraftwerke vom Typ St. Malo sind in Bezug auf die Umwelt umstritten. Natürlich erzeugen sie saubere Energie, allerdings wird das Ökosystem des Flusses Rance, an dem die Anlage errichtet wurde, massiv gestört. Weitere Nachteile sind zum einen die unkonstanten Zeiten der Energiegewinnung, da die Energiegewinnung tidenabhängig ist. Zum anderen gibt es weltweit nur wenige Stellen, die die Voraussetzungen für derartige Anlagen erfüllen. Somit können sie nur im Einzelfall als Lösung dienen.

Derzeit wird allerdings an anderen Möglichkeiten gearbeitet, die Kraft des Meeres zu nutzen. Wellenkraftwerke nutzen die Bewegungen der Wasseroberfläche auf vielfältige Art und Weise. Es existieren Anlagen, die das gegen die Küste fließende Wasser der Wellen in Trichtern sammeln und auf Turbinen ableiten. Auf der Schottischen Insel Islay wird die Energie der Wellen genutzt, um Luft in einer Kammer zu verdrängen. Die anbrandende Welle lässt das Wasser in der Kammer schnell steigen welches die in der Kammer befindliche Luft verdrängt. Die ausgepresste Luft wird durch eine Turbine geleitet. Schwappt die Welle zurück, sinkt der Pegel in der Kammer schnell ab, wodurch ein Unterdruck entsteht und Luft angesaugt wird. Die Luft strömt in die Kammer zurück, wobei sie wieder die Turbine passiert. Die Turbine ist bei dieser Anlage so konstruiert, dass sie sich immer bewegt, egal in welcher Richtung sie von Luft durchströmt wird.
Voraussetzung für die Rentabilität einer solchen Anlagen ist allerdings eine konstant recht starke Dünung an der Küste.
Ein anderer Typ von Wellenkraftwerk besteht aus auf dem Wasser schwimmenden Elementen. Diese sind speziell geformt und werden von der Wellenbewegung hin und her bewegt. Dadurch wird im Innern der Elemente ein Kolben bewegt, der einen Generator betreibt.

Die neuste Entwicklung zur Nutzung der Kraft des Meeres steht seit Mitte Juni 2003 vor England Küste im Meer. Das SEAFLOW Projekt der Firma Marine Current Turbines Ltd (MCT), das mit deutscher Beteiligung ins Leben gerufen wurde, arbeitet nach etwa dem gleichen Prinzip wie eine Windkraftanlage an Land. Ein Mast wird am Meeresboden verankert an dem sich ein großer Rotor von 11 Metern Durchmesser befindet. Der Rotor benötigt nur vergleichsweise geringe Wasserströmungsgeschwindigkeit von 2-3 Metern pro Sekunde, um effektiv Energie zu erzeugen.

 

Ein neuer Prototyp, an dem zur Zeit gearbeitet wird, verfügt am Mast über zwei Rotoren zwischen jeweils 15 bis 20 Metern im Durchmesser. Er soll 500-1000 KW je nach Wassergeschwindigkeit leisten.
Derzeit arbeitet erst eine Versuchsanlage. In der Folgezeit sollen allerdings weitere hinzukommen und ganze Wasserenergiefarmen entstehen. Eine solche Farm wäre in der Lage, bei der Energiegewinnung in die Größenordung eines Atomkraftwerkes zu kommen.
Die Kosten für den Strom liegen etwa in der Höhe von Strom aus Windkraft. Es handelt sich also um recht günstigen Strom.
Gefahr für Meeresbewohner soll nicht bestehen, da sich die Rotoren relativ langsam drehen und zudem eine Größe besitzen, die z.B. die Sonarortung eines Wals schon von weitem erkennt.



Quellen:
Informationen zu SEAFLOW (englisch)