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Unterwegs in unwegsamen Gelände — mit Good Luck

Als angehender Wildtierarzt bei den Cross-River-Gorillas

Am Afi Mountain im Cross-River-Gorilla-Gebiet (Foto: Dirk Jörgens)

Dirk Jörgens mit dem dreijährigen Cross-River-Gorilla Good Luck (Foto: Dirk Jörgens)

Der angehende Tierarzt Dirk Jörgens berichtet im Gorilla-Journal der Berggorilla & Regenwald Direkthilfe e.V. von seinem Aufenthalt bei den seltenen Cross-River-Gorillas (Foto: Dirk Jörgens)

Der angehende Tierarzt Dirk Jörgens berichtet im Gorilla-Journal der Berggorilla & Regenwald Direkthilfe e.V. von seinem Aufenthalt bei den seltenen Cross-River-Gorillas (Foto: Dirk Jörgens)

An der Grenze von Nigeria und Kamerun leben die seltensten Gorillas der Welt: die Cross-River-Gorillas. Ihr Bestand ist bedroht, auch durch Wilderei. Dirk Jörgens studiert Tiermedizin in Berlin. Was die Cross-River-Gorillas in Westafrika mit dem Berliner Studenten Dirk Jörgens verbindet, berichtet die aktuelle Ausgabe des Gorilla-Journals der Berggorilla & Regenwald Direkthilfe e.V. (B&RD).

Als eine der wenigen Arten- und Naturschutzorganisationen unterstützt B&RD seit vielen Jahren Projekte zum Schutz der Cross-River-Gorillas (Gorilla gorilla diehli). Und seit 1993 gibt B&RD das Gorilla-Journal für Fachleute und interessierte Laien heraus und berichtet darin, fundiert und regelmäßig, über das Leben der uns genetisch nahen Gorillas und die Gebiete, in denen sie leben.

Auf der Suche nach interessanten Praktikumsplätzen für sein Studium hatte Dirk Jörgens das Limbe Wildlife Centre (LWC) über das Internet entdeckt. Dieses Wildtierauffang- und Rehabilitationszentrum im südwestlichen Kamerun ist 1993 von der Naturschutzorganisation Pandrillus und der Regierung von Kamerun gegründet worden. Pandrilluszüchtet seit Jahren erfolgreich den sehr bedrohten Drill und hat ein Auswilderungsprojekt in den Afi Mountains in Nigeria. Dorthin war Dirk Jörgens für ein Praktikum gekommen. Kurz zuvor hatte sich ein kleiner Cross-River-Gorilla ineiner Wildererschlinge verfangen und konnte glücklicherweise befreit werden. Da er nicht als Bushmeat in einem Topf gelandet war, bekam er den Namen Good Luck.

Bei einem Vegetarier: Grobheiten in der Kinderstube

Seinen ersten Tag im LWC erinnert Jörgens als heiß und anstrengend, aber auch voller Glück. „Ich durfte das erste Mal mit Gorillas arbeiten, und diese Tiere haben mich von Anfang an in ihren Bann gezogen. Ich vertraute ihnen sofort. Diese gefühlte Verbundenheit zu den Gorillas war und ist bis heute mein stärkster Eindruck.“ Bei Pandrillus übernahm der angehende Mediziner Jörgens die Betreuung des etwa dreijährigen Good Luck, wenn dessen Pfleger frei hatte. „Nachts wurde Good Luck in einem Käfig gehalten. Morgens holte ich ihn raus, nahm ihn auf den Arm und los ging’s in den Wald.“ Als erstes galt es viel über das Gorillaverhalten zu lernen. Dabei erwies sich Good Luck als guter Lehrer: „Gorillas sind beim Spielen für uns Menschen teilweise recht grob. Wenn dem kleinen Gorilla etwas nicht passt, bekommt man als Pfleger auch schon mal seine Fangzähne zu spüren.“ Beim täglichen Spaziergang streifte der Gorilla frei herum und fraß. „Meistens trug ich ihn, gorillatypisch, auf dem Rücken. Er beobachtet die Umgebung sehr genau. Er kannte seine Lieblingspflanzen und machte mich deutlich darauf aufmerksam. Ich hielt dann sofort an und Good Luck begann zu fressen.“ Gorillas sind eigentlich Vegetarier. Trotzdem beobachtete Jörgens einmal, wie Good Luck sich ein komplettes Ameisennest in Sekundenschnelle einverleibte.

Die seltenste Gorilla-Unterart

Cross-River-Gorillas gelten als die seltenste Gorilla-Unterart. Wilderei, Landwirtschaft, Vieh und illegaler Holzeinschlag gefährden ihren Bestand. Die einzelnen Cross-River-Gorilla-Gruppen leben stark isoliert, eines der großen Probleme bei der Sicherung ihrer Zukunft. Insgesamt gibt es vermutlich nicht mehr als 300 dieser Tiere. Sie leben ausschließlich im Grenzgebiet zwischen Kamerun und Nigeria.
Die Geschichten der Gorillas, die sich im LWC befinden, sind bis auf zwei, die dort geboren wurden, mehr oder weniger identisch: Ihre Familien wurden für den Bushmeat-Handel abgeschlachtet und die Jungtiere sollten als Spielzeug verkauft werden. Die Jagd nach Bushmeat, dem Fleisch von Wildtieren, ist eine der größten Bedrohungen für die Cross-River-Gorillas. Der Handel mit Bushmeat ist in Kamerun zwar offiziell verboten und Verkäufern von Fleisch geschützter Tiere drohen hohe Geldbußen oder sogar mehrjährige Gefängnisstrafen. Trotzdem werden jedes Jahr viele Tonnen Bushmeat auf den Märkten des Landes zum Verkauf angeboten. Da die Fortpflanzungsrate der Gorillas niedrig ist, ist das Überleben dieser Tierart schon bei geringem Jagddruck schnell bedroht.

Im Gebiet des Cross-River-Gorillas

Mit einem erfahrenen Gorilla-Tracker machte Dirk Jörgens eine mehrtägige Wanderung am Afi Mountain im Cross-River-Gorilla-Gebiet. „Das Gelände ist eigentlich immer steil, es geht entweder bergauf oder bergab. Da man den Gorillas folgt, bewegt man sich auf deren Pfaden, und die führen uns Menschen dann meistens auf allen Vieren durch Gebüsch, das mit riesigen Dornen bestückt ist.“ Aber außer relativ alten Gorilla-Hinterlassenschaften und Nachtnestern sahen die Beiden zunächst keine weiteren Gorillazeichen. „Manchmal habe ich mich hingesetzt und mich gefragt: Wozu das alles? Nur um alte Gorillanester zu sehen und alten Kot?“ Aber die Faszination der Gorillas brachte Jörgens und seinen Tracker doch noch ganz in die Nähe einer Gruppe dieser seltenen Tiere. „Auch wenn ich die Gorillas bei dieser Gelegenheit nicht selbst gesehen habe, war ihr typischer Geruch doch noch überall, alle Anzeichen noch sekundenfrisch. Wie viele Menschen dieser Welt konnten diesen wunderbaren Tieren jemals so nahe sein?“ Viele sind es sicher nicht.

Das Gorilla-Journal

In der neuen Ausgabe des Gorilla-Journals, der zweimal jährlich erscheinenden Zeitschrift der Berggorilla & Regenwald Direkthilfe e.V. (B&RD), kann man mehr lesen zu Dirk Jörgens’ Aufenthalt bei den Cross-River-Gorillas. Weiter erfährt man, dass B&RD das Basis-Camp im Afi Mountain Wildlife Sanctuary renoviert hat; es wurde1996 von Kelley McFarland eingerichtet, die die erste Langzeitstudie an den Afi-Gorillas durchführte. Ein intaktes Camp erleichtert die Arbeit der Wildhüter. Ein anderer Artikel informiert über neue Erkenntnisse zur Evolution der Gorilla-Arten anhand genetischer Studien. Heutiger Forschungsstand ist demzufolge, dass die Trennung von Westlichen Flachland- und Cross-River-Gorillas vor ca. 17 800 Jahren erfolgte.

Die bedrohten Cross-River-Gorillas brauchen jede Unterstützung, ebenso wie Gorillas in anderen Gebieten. B&RD ist daher laufend auf der Suche nach Spenden — und nach Gorillafreunden, die eigene Ideen haben und diese aktiv einbringen wollen. Die aktuelle Ausgabe 42 des Gorilla-Journals kann man herunterladen unter www.berggorilla.org

Über Berggorilla & Regenwald Direkthilfe e.V.

Berggorilla & Regenwald Direkthilfe e.V. wurde 1984 gegründet und widmet sich dem Schutz bedrohter Gorillapopulationen und ihrer Lebensräume durch gezielte Projektförderung, Forschung und Information.Wir liefern Ausrüstungsgegenstände an die örtlichen Wildhüter und helfen bei der Markierung von Nationalpark­grenzen. Um den Lebensraum der Gorillas zu erhalten oder zu erweitern, fördern wir z.B. die Aufforstung mit heimischen Baumarten. Wir stellen Geldmittel zur Verfügung, um die einheimische Bevölkerung über die Folgen der Abholzung und die Bedeutung der Schutzgebiete zu informieren. Gemeinsam mit internationalen Organisationen investieren wir in Forschungsprojekte vor allem einheimischer Wissenschaftler. In Deutschland berichten wir in Vorträgen, auf Ausstellungen und unter www.berggorilla.org über den Gorillaschutz und die Situation in den Ländern. Unsere Mitgliederzeitschrift „Gorilla-Journal“ erscheint zweimal jährlich in Deutsch, Englisch und Französisch. Die Arbeit des Vereins finanziert sich durch Mitgliedsbeiträge und Spenden. Berggorilla & Regenwald Direkthilfe ist als gemeinnützige Organisation durch das Finanzamt Mülheim/Ruhr anerkannt.