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Verbraucher fordern Nachhaltigkeitstransparenz von Unternehmen

Nachhaltigkeit gewinnt in kleinen und großen deutschen Unternehmen weiter Gewicht. Das belegen Umfragen des Berliner Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) und des bundesweiten Unternehmernetzwerks „future — verantwortung unternehmen“. Grund sei das steigende Verbraucherinteresse an Nachhaltigkeit.

Deutsche Verbraucher fragen demnach öfter und gezielter bei Unternehmen nach, wie sie mit ihrer Belegschaft und der Umwelt umgehen oder welche strategischen Nachhaltigkeitsziele sie verfolgen. Die Unternehmen reagieren offensiv, veröffentlichen immer mehr und immer bessere Nachhaltigkeitsberichte, stocken ihr Personal in den Nachhaltigkeits- und Kommunikationsabteilungen auf. Die Umfragen dienen der Vorbereitung des diesjährigen Rankings der Nachhaltigkeitsberichte durch future und IÖW, das der Rat für Nachhaltige Entwicklung unterstützt. Von einer Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung halten die meisten Befragten wenig. Von Professionalisierung durch Standardisierung viel.

Viele kleine und mittlere Unternehmen (KMU) streben den Umfrageergebnissen zufolge eine stärkere Orientierung ihrer Nachhaltigkeitsberichte an Berichtsstandards wie der Global Reporting Initiative (GRI) an. Bei der Mehrzahl der befragten Großunternehmen ist das schon länger Standard. Neu ist laut IÖW und future, dass die Konzerne ihre Berichte zusätzlich externen Bewertungen unterziehen, etwa durch Wirtschaftsprüfer. 62 der 154 befragten größten deutschen Unternehmen veröffentlichen inzwischen eigene Nachhaltigkeitsberichte. Deutliche Zuwächse verzeichnen IÖW und future im Mittelstand: Seit 2009, sagt future-Geschäftsführer Udo Westermann, seien „mehr als 50 KMU neu in die Nachhaltigkeitsberichterstattung eingestiegen“. Westermann spricht von einer „Bewegung“, die seit kurzem immer mehr Mittelständler erfasse.

Dass die Aufmerksamkeit von Unternehmen für Nachhaltigkeit zuletzt zulegte, bestätigt Klaus Rainer Kirchhoff, Chef der Hamburger Investor-Relations-Agentur Kirchhoff Consult. Der Rechtsanwalt hat mit seiner Agentur nach eigenen Angaben über 600 Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichte erstellt, außerdem mehrmals gemeinsam mit dem manager magazin das Nachhaltigkeitsniveau der 90 größten europäischen Unternehmen im Good Company Ranking ermittelt. Das Thema Nachhaltigkeit, sagt er, sei nach einem Einbruch infolge der Wirtschaftskrise 2009 in den Unternehmen „wieder deutlich prominenter“. Kirchhoff stützt seine Einschätzung auf Gespräche mit Unternehmern, Kapitalmarktanalysten und Fondsmanagern. „Eigentlich alle Gespräche mit ihnen kommen zum Schluss, dass Nachhaltigkeit ein wichtiges strategisches Thema für Unternehmen ist.“ Unternehmen, die über ihre Nachhaltigkeitsleistung berichten wollen, rät er, zunächst eine Nachhaltigkeitsstrategie zu entwickeln und umzusetzen.

Laut Kirchhoff fragen Unternehmen bei seiner Agentur auch zunehmend die Erstellung sogenannter „integrierter Berichte“ an. Darin werden Finanzziele gemeinsam mit Nachhaltigkeitszielen in konkrete, mess- und umsetzbare Größen gegossen. Ergebnissen einer öffentlichen Konsultation der Europäischen Kommission zufolge erwarten Fachleute von dieser Form der Berichterstattung überwiegend deutliche Verbesserungen — und zwar sowohl für die Berichte der Unternehmen als auch für deren Nachhaltigkeitsleistung. Integrierte Berichte, urteilten Konsultationsteilnehmer, könnten die Aufmerksamkeit für die Beiträge einer guten Nachhaltigkeitsleistung zu einem guten Geschäftsergebnis steigern. Vor allem Nichtregierungsorganisationen wünschten sich in der Befragung mehr Transparenz zur nicht-finanziellen (Nachhaltigkeits-)Berichterstattung von Unternehmen.

Die Nachhaltigkeitsleistungen von Unternehmen transparenter machen will auch der Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE). Dazu haben die von der Bundesregierung berufenen Nachhaltigkeitsexperten die Entwicklung eines Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) angestoßen. Der Kodex soll dem Kapitalmarkt und Investoren auf Basis nicht-finanzieller Messgrößen eine Bewertungsgrundlage für die Nachhaltigkeitsleistung von Unternehmen liefern, das Leitbild Nachhaltigkeit so auf den Finanzmärkten „zu einer wirkungsvollen Orientierung machen“. Seine Anwendbarkeit erprobten 27 große und mittlere Unternehmen bis Mitte August in einer ersten Praxisphase. Weitere Schritte auf dem Weg zu einem Deutschen Nachhaltigkeitskodex diskutiert der RNE gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern der Pilotunternehmen, Verbänden, Wissenschaft und Zivilgesellschaft am 26. September in Frankfurt am Main.

 

Quelle: „Rat für Nachhaltige Entwicklung“, www.nachhaltigkeitsrat.de