Warum ist das so? Sind die durchgeführten Anstrengungen womöglich nicht zielführend? Es sei noch viel zu wenig bekannt, welche Vielfalt wodurch beeinträchtigt wird, meint Ökologe Dr. Jens Dauber vom Thünen-Institut im NeFo-Interview. Vor allem, da eine flächendeckende Erfassung der Ursachen für den Arten- und Lebensraumverlust fehle. Erst auf dieser Grundlage könnten effektive Maßnahmen festgelegt werden. Doch bisher spart sich die Politik ein solches bundesweites Ökosystemassessment.
Fast alle Indikatoren zeige Nationalen Biodiversitätsstrategie gesetzten Ziele zu erreichen. Den Hauptgrund dafür sieht Dr. Jens Dauber vom Thünen-Institut für Biodiversität in den oft nicht zielgerichteten Maßnahmen, gerade im Agrarland. Er bemängelt, dass zu einer Auswahl effektiver Maßnahmen flächendeckende Daten über die Ursachen des Verlustes der biologischen Vielfalt fehlten. Auf politischer Ebene existiere allerdings nicht die Bereitschaft, ein umfassendes Biodiversitätsmonitoring aufzubauen und langfristig zu finanzieren. Aus diesem Grund müssten zur Evaluierung der Umsetzungserfolge der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt eben auch relativ ungenaue Indikatoren wie etwa der Anteil von Ökolandbau herangezogen werden.
Die Ursachenforschung vermisst Dauber auch in der Diskussion um die kommende Neufassung der Düngelmittelverordnung. Dies ginge im Wesentlichen nicht über eine Symptombekämpfung hinaus und es sei fraglich, ob sie ausreiche, um die EU-Vorgaben zu erfüllen. Der Indikatorenbericht zeigt auch hier, dass der Düngeüberschuss in Deutschland im Schnitt noch weit über der Zielmarke liege, mit den entsprechenden negativen Auswirkungen für Grundwasser, Pflanzenvielfalt und Bodenorganismen.
Generell sieht Dauber in der Politik eine zu geringe Bereitschaft, der Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der Biodiversität den Stellenwert einzuräumen, der ihr nicht zuletzt als Grundlage menschlichen Wohlergehens gebührt. „Trotz eindeutiger nationaler Gesetzeslage und internationaler Verpflichtungen zum Schutz und zur Förderung der biologischen Vielfalt wird nach meiner Erfahrung Biodiversität von Politik, Wirtschaft aber auch Gesellschaft meist als ein „nice to have" aber nicht als ein „must have" angesehen. Eine solche Haltung ist nicht unbedingt dienlich um rasche Fortschritte zu erzielen.", sagt Dauber.
Über Netzwerk-Forum zur Biodiversitätsforschung Deutschland (NEFO)
Netzwerk-Forum zur Biodiversitätsforschung Deutschland (NEFO) ist eine Kommunikationsplattform für Wissenschaftler und Anwender von Wissen zur biologischen Vielfalt. Das Projekt wird im Rahmen von DIVERSITAS-Deutschland e.V. durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Ein wichtiges Ziel ist es, die Forschung unterschiedlicher Disziplinen, die sich mit gesellschaftlich relevanten Fragestellungen zur Biodiversität befasst, stärker ins öffentliche Licht zu stellen und mit aktuellen relevanten Politikprozessen zu vernetzen. Hierzu stellen wir direkte Ansprechpartner für Fragen aus Medien, Politik und Öffentlichkeit bereit, arbeiten aktuelle Themen auf und vermitteln Experten. Projektpartner sind das Museum für Naturkunde Berlin und das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung - UFZ.
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