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Von den Alternativen zur Kuhmilch

Milch oder nicht Milch — das ist hier die Frage.

Es gibt Leute, die mögen von Haus aus keine Milch, selbst wenn sie von glücklichen Kühen eines Biobetriebs stammt. Andere trinken sie nicht, weil sie eine Allergie gegen Kuhmilch haben. Die Dritten haben das Gefühl, dass sie sie nicht vertragen, was durchaus rationelle Gründe haben kann. Denn um tierische Milch, genauer gesagt den darin enthaltenen Milchzucker, Laktose, beschwerdefrei zu verdauen, braucht es ein bestimmtes Enzym, die Laktase. Und dieses Enzym ist nicht jedem Erwachsenen gegeben. Nach der Kindheit wird die Laktase bei etwa 15 Prozent der Deutschen nicht mehr erzeugt. In Ostasien, vor allem Japan und China und bei den indianischen Völkern Amerikas ist es genau andersherum. In diesen Kulturen fehlt bei der Mehrheit der Erwachsenen das Enzym.

Der Grund für diesen Unterschied liegt wahrscheinlich an Ursprung und Entwicklungsgeschichte des Menschen und seiner verschiedenen Kulturen. So stammen die Deutschen zum Großteil von den sogenannten Indo-Germanen ab, die einst in einer Art Symbiose mit Rindern lebten und mit diesen aus dem iranischen Raum nach Europa gezogen sind. Dabei nutzten unsere Vorfahren selbstverständlich alle Produkte, die die Rinder liefern konnten: Fleisch, Felle, Blut und Milch, so wie zum Beispiel die „letzten“ Rindernomaden Schwarzafrikas, die Massai. Rinderblut vermischt mit Kuhmilch ist bis heute ihr Grundnahrungsmittel, dass sie gesund, stark und alt werden lässt. Über die Jahrtausende hinweg haben sich bei den auf Viehzucht setzenden Kulturen dann natürlich diejenigen Menschen durchgesetzt und fortgepflanzt, die am besten die Milch vertragen haben und Laktase auch im Erwachsenenalter bilden konnten.

In anderen Weltregionen hingegen, besonders in Ostasien hat sich über die Jahrtausende hinweg eine andere, mehr auf pflanzliches Eiweiß spezialisierte Kultur entwickelt. Statt tierischer Milch nutzen diese Kulturen vor allem die Soja-Bohne. Und ähnlich wie die Tierzüchter mit der Zeit lernten, aus der Milch ihres Viehs die verschiedensten mehr oder weniger haltbaren Produkte wie Käse, Quark oder Jogurt herzustellen, lernten die ostasiatischen Völker aus Soja zum Beispiel Tofu zu machen. Dass ein gewisser Prozentsatz der Chinesen trotzdem über das spezielle Enzym zur Verwertung von tierischer Milch verfügt, liegt in erster Linie an den Rinder-, Ziegen-, und Schafe züchtenden Türkvölkern, die sich von den Hochebenen Zentralasiens nicht nur nach Westen, sondern auch nach Osten ausgebreitet haben. Freilich spielt ebenso eine gewisse Vermischung mit westlichen Genen durch Kolonisatoren, Touristen oder Handelsreisenden wie Marco Polo eine Rolle. So erklärt sich im Übrigen auch die Milchunverträglichkeit bei uns Europäern.

Kuhmilchallergie durch Homogenisierung

Die manchmal auch als Milchunverträglichkeit bezeichnete Kuhmilchallergie hat aber nichts mit entwicklungsgeschichtlichem Laktasemangel zu tun. Die Allergie gegen Kuhmilch ist heutzutage eine der häufigsten Nahrungsmittelallergien und wird durch die Eiweißbestandteile der Milch ausgelöst. Sie äußert sich zum Beispiel in Neurodermitis, Verdauungsbeschwerden, Durchfall, Blähungen, Darmkrämpfe und Darmentzündungen. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass ein Grund der immer häufiger werdenden Milchallergien in der industriellen Milchverarbeitung liegt. So fanden australische Forscher 1999 in Tierexperimenten die Homogenisierung der Milch als Übeltäter heraus. Die australische Studie bestätigte Untersuchungen aus Dänemark aus den 1980er Jahren. Einigen dänischen Eltern war aufgefallen, dass ihre Kinder nur auf molkereitechnisch behandelte Milch allergisch reagierten, unbehandelte Milch vom Bauernhof hingegen vertrugen. Die Dänischen Forscher gingen diesen Beobachtungen mit wissenschaftlichen Experimenten auf den Grund. Ergebnis: Mit zunehmendem Fettgehalt der homogenisierten Milch stieg auch deren Allergenität. Der Fettgehalt der unbehandelten Milch hatte hingegen keinen Einfluss.

Bei der Homogenisierung werden im Hochdruckverfahren die Fettkügelchen der Milch um das zehnfache verkleinert und die natürliche Verteilung des Eiweißes in der Milch verändert. An die Fettkügelchen wird erheblich mehr Eiweiß gebunden, als bei nicht homogenisierter Milch. Und das ist wahrscheinlich die Ursache für die Allergie auslösende Wirkung homogenisierter Milch. Nichtsdestoweniger ist heute fast jede Milch im Handel, egal ob biologisch oder konventionell hergestellt, homogenisiert. Ausnahme ist die Bio-Milch von Demeter. Besonders intensiv hat der Demeter-Verband das Thema problematisiert. Der Forschungsring für Biologisch Dynamische Wirtschaftsweise hat den Einsatz von Homogenisatoren für Demeter Milch verboten und den Homogenisierungsgrad (Nitzo Methode) auf maximal 30 Prozent beschränkt.

Alternativen zu Kuhmilch

Kuhmilchallergiker müssen nicht gänzlich auf Milchprodukte verzichten. Sie können in der Regel auch Sahne und Butter (aus Kuhmilch) zu sich nehmen. Daneben gibt es im Naturkosthandel einen reich gedeckten Tisch mit Alternativen zur Kuhmilch und seinen Folgeprodukten. Zum einen liefern nicht nur Rindviecher Milch. Ziege, Schaf und Pferd geben gleichfalls eine trinkbare Milch her, die aber teilweise weniger Mineralien und weniger Vitamine haben als Kuhmilch und obendrein von manchem Allergiker gleichfalls nicht vertragen werden. Hier können pflanzliche Produkte eine Alternative sein.

Ein fast schon klassischer „Ersatz“ für tierische Milch ist die Sojamilch. Sojamilch wird aus gemahlenen gelben Sojabohnen mit Wasserdampf gewonnen. Tofu wiederum ist ein aus Sojamilch hergestellter Quark. Das Sojaprotein hat nachgewiesene positive Eigenschaften, so wirkt es cholesterinsenkend und trägt damit zur Vorbeugung vor Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems bei. Während Menschen mit Laktasemangel sehr wohl mit der Sojamilch gut beraten sind, scheint sie bei bekannter Kuhmilchallergie nur bedingt ein geeigneter Ersatz zu sein, da Kuhmilchallergiker häufig auch eine so genannte Kreuzallergie zu Sojaprotein haben. Wichtig ist auch der Hinweis, dass Sojaprodukte erheblich weniger lebenswichtiges Kalzium haben, als Kuhmilch. Das Gleiche gilt für die Alternativen Mandel- und Kokosmilch sowie Reismilch oder Reisdrinks und Getreidedrinks oder Getreidemilch, die in der Naturkostszene gerne als Alternative für Milcheiweißallergiker angepriesen werden.

Reine Mandelmilch besteht aus einer Suspension geriebener Mandeln in Wasser. Im Mittelalter war Mandelmilch übrigens eine beliebte Zutat bei vielen Speisen. Die Herstellung von Reismilch ist etwas schwieriger. Der Reis muss in der Regel gemahlen und gekocht werden ehe er mit Wasser, etwas Meersalz und manchmal auch Pflanzenölen zur Reismilch vermengt wird.

Für Allergiker besonders geeignet ist „Milch“ aus Hafer. „Hafermilch ist ganz anders als Soja-Milch“, sagt Rüdiger Kerchner von Biomarken, der die die Oatly-Hafermilch vermarktet. Nicht nur für ihn ist die Milch aus reinem Hafer die beste Alternative zur Kuhmilch. Sie enthält keinen Milchzucker (Laktose) und kein Milcheiweiß, weshalb sie von Menschen mit Laktasemangel wie von Allergikern sehr gut vertragen wird. Da Hafermilch anders als andere Getreidedrinks kein Gluten enthält, sind auch Glutenallergiker mit ihr bestens bedient. In Schweden und Finnland wird glutenintoleranten Personen von Haus aus empfohlen, reinen Hafer in die tägliche Ernährung einzubauen, um eine ausreichend vollwertige Ernährung zu garantieren. Schließlich stecken im Hafer besondere Kräfte und Substanzen aus der Natur, die ihn zu einem hochwertigen Nahrungsmittel machen. Schon seit Jahrhunderten ist bekannt, dass Hafer - aufgrund seiner ausgewogenen Ballaststoffe - eine Wohltat für Magen und Darm ist. Er enthält dazu eine gesunde Mischung von einfachen und mehrfach ungesättigten Fettsäuren und weiteren wichtigen Nährstoffen. An erster Stelle zu nennen sind die essentiellen Aminosäuren, Antioxidantien, die Vitamine A, E, K, mehrere B-Vitamine, Folsäure und Niacin sowie die Mineralstoffe wie Kalzium, Magnesium, Kalium, Eisen und Zink.

Hafer tut auch dem Herzen gut

Bisher noch kaum bekannt ist, dass Hafer auch dem Herzen gut tut. Jüngste klinische Studien bescheinigen diesem besonderen Getreide eine Cholesterin senkende und Gefäßkrankheiten vermeidende Wirkung. Hafer enthält nämlich in seinen Ballaststoffen die so genannten Betaglukane, die für eine Reduzierung des Cholesterinspiegels im Blut verantwortlich sind. Auch für Menschen, die gesund abnehmen wollen, empfiehlt sich das Hafergetränk. Denn neben seinem hohen Nährstoffgehalt ist es gleichzeitig sehr arm an Kalorien und erleichtert das Abnehmen, weil es ein lang anhaltendes Sättigungsgefühl erzeugt.

Gleichfalls eine Neuheit ist Hanfmilch aus Cannabis sativa, der von Bio-Bauern bei Salzburg angebaut wird. Anders als Kuhmilch ist das milchige Hanfgetränk frei von Cholesterin und Laktose und hat darüberaus einen hohen Anteil an gesundheitlich wertvollen, ungesättigten Fettsäuren sowie an Kalium und Magnesium. Und natürlich sind die Hanfsamen und die daraus hergestellte Milch aus Österreich frei vom Rauschmittelwirkstoff THC (Delta 9-Tetrahydrocannabinol).

Kokosmilch oder Kokoswasser?

Oft wird behauptet, die "Kokosmilch" sei die Flüssigkeit in der Kokosnuss. Das ist falsch. Kokosmilch stellt man aus dem weißen Fruchtfleisch her, das mit etwas heißem Wasser püriert und dann durch ein Tuch ausgepresst wird. Die Flüssigkeit, die vor allem in noch jungen Kokosnüssen tatsächlich vorhanden ist, nennt man Kokoswasser oder in Brasilien „Acqua di Coco.“ In seiner natürlichen Form, frisch von der Palme, ist das Kokoswasser eines der köstlichsten und gleichzeitig gesündesten Getränke. Das haben auch Forscher wissenschaftlich bestätigt. Inzwischen kann man das Kokoswasser auch bei uns in abgefüllter Form kaufen. Für Menschen mit Laktasemangel dürfte zum Schluss noch interessant sein, dass es heutzutage auch nahezu milchzuckerfreie Kuhmilch (1 l enthält weniger als 0,1 Gramm Milchzucker) im Handel gibt.