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Tee-Lektion aus Fukushima

Nur Nuclear-Free-Bio-Tee ist gesund

Der Genuss von Grünem Tee ist eine Jahrtausende alte  Tradition in China wie in Japan. Berühmt sind die japanischen Tee-Zeremonien. Auch in Deutschland erfreut sich der Grüne Tee seit einigen Jahren steigender Beliebtheit, vor allem weil er als gesund und  krebsvorbeugend angesehen wird. Tatsächlich fanden Medizinforscher im Grünen Tee pflanzliche Substanzen, die die sogenannten freien Radikale einfangen und damit unschädliche machen.  Freie Radikale gelten als krebserregend.

Eine Tasse Grüner Tee täglich soll außerdem einen positiven Einfluss auf das Gehirn haben. Er soll den Informationsaustausch der „Grauen Zellen“ unterstützen, die so genannte Plaque Bildung, Protein Ablagerung im Gehirn verringern und schließlich das Alzheimer-Risiko senken können. Im Grünen Tee steckt außerdem die Substanz L-Theanin, die wiederum dem Körper im Kampf gegen Grippe-Viren unterstützt. Gerade in den kalten Monaten des Jahres ist deshalb eine Tasse Grün-Tee nicht die schlechteste Wahl.

Diese technisch-medizinischen Wirkungen stehen allerdings beim traditionellen Grün-Tee-Genuss in Japan nicht im Vordergrund. Gerade bei einer Tee-Zeremonie kommt seine beruhigende Wirkung auf Körper, Geist und Seele zum Ausdruck: Eine sanfte, die Kreativität unterstützende „Droge“ für Philosophen, Dichter und Künstler.

Japans Teefarmer bauen in erster Linie die Grün-Tee-Sorten Bancha, Sencha, Matcha und Gyokuro an. Nur ein Teil davon ist Bio-Qualität. Insgesamt produzierte der Inselstaat im vergangenen Jahr 83.000 Tonnen getrocknete Teeblätter. Die biologisch bewirtschafteten Anbauflächen wachsen zwar, doch kommen weiterhin weltweit Pestizide auch auf Tee-Plantagen zum Einsatz. Seit vergangenem März droht Japans Grünem Tee aber noch schlimmeres: Radioaktiver Fallout des Reaktorunfalls von Fukushima!

Grüner Tee belastet mit radioaktivem Cäsium-137

Vergangenen Juni wurde bekannt, dass das größte und wichtigste Teeanbaugebiet Japans in der Präfektur Shizuoka teilweise stark radioaktiv kontaminiert ist.  

Ein schwerer Schlag für Japans Tee-Branche und Tee-Konsumententen. Denn in der rund 400 Kilometer von Fukushima entfernten Region wird über 40 Prozent des japanischen Tees geerntet. Shizuoka hat für Japan und weltweit Grün-Tee-Genießer in etwa denselben Stellenwert wie die Champagne für Frankreich und globale Champagner-Konsumenten.

Doch laut offizieller Stellungnahmen sind nun Proben von getrockneten Teeblättern dieser Region mit radioaktivem Cäsium über dem erlaubten Grenzwert belastet. Japans Regierung stoppte bereits zuvor den Verkauf von Grünem Tee aus einigen Anbaugebieten in den näher an Fukushima gelegenen Provinzen Ibaraki und Chiba sowie Kanagawa und Tochigi, weil dort gleichfalls der geerntete und verarbeitete Tee über dem erlaubten Limit belastet war. Der offizielle Grenzwert für die radioaktive Cäsium-Belastung von Lebensmitteln liegt in Japan bei 500 Becquerel Cäsium je Kilogramm Lebensmittel. Doch auch 500 Becquerel sind im Grunde viel zu viel. 

Das aus dem geborstenen Kernkraftwerk stammende radioaktive Isotop Cäsium-137 hat eine Halbwertszeit von 30 Jahren. Das bedeutet, dass die Region noch für einen langen Zeitraum nach Ende der Reaktorkatastrophe belastet sein wird.

Damit nicht die gesamte Tee-Ernte der betroffenen Gebiete für die nächsten Jahrzehnte zum Sondermüll werden, und die finanziellen Verluste in Grenzen gehalten werden, drängt die lokale Regierung der Region Shizuoka seit Juni auf Änderung der radioaktiven Grenzwerte für Tee. Das Argument: Grüner Tee sei ein Trockenprodukt und werde mit anderen, frischen Lebensmitteln, die Wasser enthalten und deshalb schwerer sind, wie zum Beispiel Fleisch oder Gemüse, in einen Topf geworfen. Die Konzentration der radioaktiven Isotope im Tee sollten deshalb nicht bei trockenen und deshalb leichteren Teeblättern gemessen werden, sondern bei frisch geernteten Blättern, die noch viel Wasser enthielten und deshalb schwerer sind. Damit würde die radioaktive Belastung der Grün-Tee-Blätter automatisch unter dem offiziellen Grenzwert fallen. Das Argument der Provinzregierung hinkt natürlich, den niemand macht einen Tee-Aufguss mit frischen, ungenießbaren Tee-Blättern.

Doch egal ob die Japans Gesundheitsministerium dem Drängen der Provinzregierung Shizuokas nachgeben wird oder nicht. Der Atomunfall von Fukushima ist noch lange nicht behoben. Noch immer entweicht Radioaktivität aus dem geborstenen Reaktor. Die dritte große Atomkraftwerkskatastrophe — nach Three Mile Island 1979 und Tschernobyl 1986 — macht indess abermals eines Klar: Atomkraft ist nicht mit einer gesunden Umwelt vereinbar! 

„Abwarten und Tee-Trinken” ist im Falle der Atomkraft nicht angebracht, sondern Abschalten!

Norbert Suchanek, Rio de Janeiro

 

Norbert Suchanek
Journalist und Autor
Internet: www.norbertsuchanek.org
E-Mail: norbert.suchanek(at)online.de