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Soziale Stadt statt sozialisierter Acker

gegen Punktsiege für ökologische Stadtflucht

Wo gehobelt wird, da fliegen auch Späne. Dieses Sprichwort ist auf die kommunale Planung überall dort übertragbar, wo Neubaugebiete entstehen sollen und dies auf Kosten von Grünbestände geht oder wo - fast unvermeidbar - Bodenversiegelung stattfindet. Dabei kommt es nicht darauf an, ob diese Grünbestände einen besonderen Schutz (Fn 1) z.B. als Streuobstwiesen (Fn 2) genießen. Im folgenden wird daher von „ökologisch durchschnittlichem Grün“ ausgegangen. Spätestens seit 1976 (Inkrafttreten des ersten Bundesnaturschutzgesetzes (Fn 3)) gilt, dass derlei Planungsvorhaben in der Regel mit einem „Eingriff in Natur und Landschaft“ verbunden sind. Durch einen Eingriff bewirkte Beeinträchtigungen sind ökologisch wirksam auszugleichen (Fn 4). Eingriffe in Natur und Landschaft im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes sind Veränderungen der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen oder Veränderungen des mit der belebten Bodenschicht in Verbindung stehenden Grundwasserspiegels, die die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigen können (Fn 5). Bei der Ausgleichsfestlegung stehen allgemein die Maßstäbe „Landschaftsbild“ und „Naturhaushalt“ im Mittelpunkt.

Abstraktion statt Praxis

Für die Bewertung von Beeinträchtigung (Fn 6) und Ausgleich wird auch ein 1992 geschaffenes, aber zu derlei bilanzierenden Zwecken ursprünglich nie vorgesehenes „Ökopunkte-Bewertungssystem“ (Fn 7) (Biotopwertverfahren — BWV) verwendet. Dabei wird der Zustand „IST“ nach umfangreichen Tabellenwerten pro qm (z.B. Hecke 27 Pt.) gegen den ebenso bewerteten Zustand „NEU“ bilanziert. Das Verfahren wurde ursprünglich nur dazu eingeführt, um negative Punktdifferenzen zwischen „NEU“ und „IST“ in eine Ersatzzahlung umzurechnen (Fn 8), nicht mehr und nicht weniger. Inzwischen gilt eine Kompensationsverordnung (Fn 9) auf Basis des nun 20 Jahre alten BWV.

Es würde den Rahmen dieses Abhandlung sprengen, die systematisch grundsätzlichen Fehler des Biotopwertverfahrens zu analysieren (Fn 10). Jedenfalls verführt die rechnerische Einfachheit des Grundmoduls zu Siegen für Punktehaushälter anstatt für die Natur. Dass es diverse Zusatzbewertungsmöglichkeiten gibt, zeigt nur die Unvollkommenheit des grundlegenden rechnerischen Ansatzes (Fn 11). Sie führen zwar zu mehr Zahlenvielfalt, nicht aber zu mehr biologischer Vielfalt. Dabei sind die zugeordnete Werteinheiten selbst keine Ausgleichsmaßnahmen im Sinne des Baugesetzbuches, weil dieses zielgerichtete Maßnahmen (Fn 12) verlangt (Fn 13). Mag die die Fixierung auf Punkte auch soweit gehen, dass die für Ökokonten anzuwendende Regelung in Hessen nicht etwa „Ökomaßnahmenhandel“, sondern sinnwidrig mit „Ökopunktehandel“ beschrieben ist (Fn 14), so ist es ein erhebliches Defizit, daß die Maßnahmen selbst nicht in ihren materiellen Funktionsstrukturen erkennbar werden.

Flucht auf den Acker

Das kann auch dazu führen, daß die Ergebnisse solcher Berechnungen in einer Agrarlandschaft ggf. zur abstrakten Ökopunkte-Steppe degradiert werden. Weil Ökopunktdefizite nach Auffassung mancher Planer im Verhältnis 1:1 ausgeglichen werden und dermaßen irgendwo untergebracht werden müssen, hat die Thematik, dass „Ausgleichsflächen“ im Zuge der Gewerbe- und Siedlungsgebietsentwicklung zu Lasten landwirtschaftlicher Flächen „outgesourct“ werden, nach wie vor Konjunktur. Flächen in der freien Landschaft bieten sich Suchenden deshalb besonders an, weil viele von ihnen die betroffenen Flächen immer noch unzutreffend als „nur landwirtschaftliche Flächen“ ohne Rücksicht auf deren vielfältige wirtschaftliche und ökologische Bedeutung abtun. Diese Fehlbewertung und deren planungspolitische Folgen treiben Agrarpolitiker um, die es mit der Erhaltung einer fruchtbaren Kulturlandschaft ernst nehmen.

Es gibt daher inzwischen restriktive Regelungen, was solche landflüchtigen Planungsansätze angeht (Fn 15). Aber die Reduktion von Kompensationsmaßnahmen auf bestimmte Flächen ist nicht immer gelungen. So blieben ackerbaulich nutzbare Flächen, die für die ackerbauliche Nutzung nur von untergeordneter Bedeutung seien, für externe Kompensation offen (Fn 16). Dies könne, so die hessischen Bestimmung, heißen, dass Flächen dann dermaßen untergeordnet seien, wenn deren Ertragsmesszahl den Durchschnittswert der jeweiligen Gemarkung nicht übersteigt und höchstens 45 beträgt. Solche Festsetzungen sind in ihrer Pauschalität zweifellos an anderer Stelle kritisch zu diskutieren.

Dennoch sollte man glauben, dass sich der Trend zu planungsmethodischer Stadtflucht erledigt hat, im primitivsten Falle im Planungsgebiet Ökopunkte-Defizite festzumachen und diese in der Agrarlandschaft zu neutralisieren. Tatsächlich ist dies aber noch bei Weitem nicht in ausreichendem Maße in die Planungspraxis durchgedrungen.

Vielfältige Ursachen

Ein wesentlicher Grund, die angesprochene verlockende Gelegenheit, mit den Ökopunkten Beeinträchtigung und Ausgleich abzuarbeiten, hatte vor allem zu Zeiten Aufwind, als sogar behördlich die Anwendung dieses Punkte-Verfahrens gefordert wurde. Die Rechtsprechung hat dem inzwischen durch mehrere Urteile ein Ende bereitet. In der Wahl des Beurteilungsverfahrens von Beeinträchtigung und Ausgleich in der Bauleitplanung sind die Kommunen vielmehr völlig frei, solange das Ergebnis plausibel ist (Fn 17). Auch wird durch das Baugesetzbuch keine unbedingte Verpflichtung begründet, die aufgrund eines Bebauungsplans zu erwartenden Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft vollständig auszugleichen. Das darf aber eben nicht mit einem Freibrief zur „Wegwägung statt Abwägung“ verwechselt werden (Fn 18). Letztendlich führt all dies dazu, daß eine überlagernde argumentative und nachvollziehbare Gesamtbetrachtung essentieller Anspruch an eine gerechte Abwägung bleibt.

Planer greifen dennoch nach wie vor oft zu Punktebewertungsverfahren, selbst wenn sich diese nur rein zahlenmäßig, aber nicht im planerischen Ergebnis als plausibel erweisen. Das führt zu Widersprüchlichkeiten, die auch auf die Selbsteinschätzung der betroffenen Planer und letztendlich ihrer kommunalen Auftraggeber durchschlagen.

Widersprüchlich ist es dabei insbesondere, wenn zum einen in konsequenter Anwendung der Punktebewertung trotz rechnerischer Zahlenakrobatik Ergebnisse entstehen, die in Umfang und Realisierungskosten (Fn 19) nach „normalem Volksempfinden“ völlig überzogen sind. Es wird dann zum anderen nach Auswegen aus der selbst gewählten rechnerischen Zwangsjacke und der daraus folgenden planerischen Ungemach gesucht. Die zuständigen Träger öffentlicher Belange, also Fachbehörden vor allem im Naturschutz, handeln in der Regel korrekt. Wenn auch erst beim zweiten Hinsehen, so ist ihnen doch nicht vorzuwerfen, sie würden solche von der Planung hausgemachten auf ein numerisches Kompensationsverhältnis von 1:1 ausgelegten Rechenergebnisse ernst nehmen. Denn Planer werden kaum verlangen, sie nicht ernst zu nehmen. Und niemand zwingt Kommunen dazu, Naturschutzbehörden in Sachen Beeinträchtigung und Ausgleich verfahrene Ergebnisse zu präsentieren. Doch wie kann die Abhilfe aus der insoweit schon fast tragikkomischen Ökopunktefalle aussehen?

Umfassendes Abwägungsgebot

Das grundlegende Problem liegt darin, dass vielen Akteuren der Hauptgrundsatz einer rechtskonformen Bauleitplanung abhanden gekommen ist. Diese Grundsatz bedeutet, dass die in die Bauleitplanung einzustellenden Belange alle gerecht miteinander und gegeneinander abzuwägen sind (Fn 20). Allein die Vorgabe „gerecht“ muss dazu führen, dass Unverhältnismäßigkeiten wie v.g. vermieden werden. Ausgehend davon, daß eine Planung im Grunde nur mit einer Alternativenprüfung abwägungsgerecht ist, zeigt die Praxis oft erhebliche Defizite.

Würden also Beeinträchtigung und Ausgleich wie eingangs beschrieben isoliert gegeneinander verrechnet und das Rechenergebnis vorneweg optimiert, wäre das zum einen keine Abwägung, sondern nur eine Abrechnung, die nicht in ein materielles Verhältnis zu den übrigen Belangen zu stellen wäre. Es wären vielmehr nur zwei insoweit isolierte Komponenten (Beeinträchtigung, Ausgleich) betroffen. Das aber wäre bereits hier bei aller berechtigten Bedeutung von Natur und Landschaft zu kurz gegriffen (Fn 21). Für den Eingriff käme vielmehr hinzu, dass seine Notwendigkeit und sein Umfang zu begründen wäre. Für den Ausgleich wäre festzustellen, wie und ob er denn überhaupt was ausgleicht, worüber Ökopunkte als abstrakte Werte schlichtweg nichts hergeben. Nur aus einer materiell faßbaren Ausgangslage heraus könnte auch triftig dargelegt werden, ob statt des Ausgleichs ein Ersatz sinnvoll ist. Der Ersatz steht in keinem funktionalen Zusammenhang mit der Beeinträchtigung (wenn z.B. ein Karpfenteich durch einen Hain aus Deutschen Eichen ersetzt würde). Der Ersatz muß in einem vernünftigen Verhältnis zur Beeinträchtigung stehen und böte weit mehr Möglichkeiten an, Kompensationen nicht auf landwirtschaftliche Flächen zu verbannen.

Damit ist ein wesentlicher systematischer Charakter der Bauleitplanung angesprochen. Sie ist nämlich alles andere als abstrakt, sondern ausgesprochen praktisch zu veranlagen. Wie sonst sollten planende Kommunen bzw. ihre Beschlussgremien nachweisen, dass ein Abwägungsergebnis gerecht ist?

Soziale Belange

Berechtigterweise zählen zu den wesentlichen abzuwägenden Belangen auch die sozialpolitischen. Denn die Bauleitpläne sollen neben anderem eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und dass umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung gewährleisten (Fn 21).

Es liegt also nicht nur nahe, sondern es ist gesetzlich geboten, Beeinträchtigung und Ausgleich nicht isoliert zu betrachten, sondern vor allem auch mit Stadtbild und sozialem Miteinander zu verbinden. Dies wäre dann auch in den Begründungen zu einer Bauleitplanung, die in Sachen Abwägung in der Regel außerordentlich dürftig sind, festzuhalten. Dazu dienen die folgenden Anregungen:

  • Soweit überhaupt angedacht wird, Ausgleich in die Agrarlandschaft auszugliedern, muss sein dortiger konkreter Zweck über das Ausgleichen hinaus unter Einbeziehung der Belange der Landwirtschaft erklärt werden. Ganz im Gegenteil findet diese Abwägung der Belange der Landwirtschaft in der Regel aber kaum statt. Denn das rechnerische Erzielen eines Punktwertes reicht dafür nicht aus. Man kann nicht abstrakte Ökopunkte gegen den öffentlichen Belang der Erhaltung der Agrarlandschaft abwägen.


Es ginge auch anders: Dient eine geplante Hecke im Interesse der Landwirte dem Windschutz, ggf. auch der Gliederung einer zuvor „ausgeräumten“ Landschaft, bekommt solch eine Abwägung brauchbare Konturen. Es wird selbst für die „ökopunktetreuesten“ Menschen einsichtig sein, dass es nicht 27 Punkte (Fn 23) sind, sondern veritable Gehölze, die dort pro Quadratmeter dem Winde im Wege stehen.

Ebenfalls kann die soziale Komponente „Erholungswert“ greifen. Sie zählt bundesgesetzlich nicht und daran orientiert auch in Hessen (anders z.B. Thüringen) seit langem nicht mehr zu den Schutzgütern der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung, wohl aber zu einer umfassenden bauplanungsrechtlichen Abwägung, um die es schließlich geht.

  • Gleiches kann umso mehr im zentralen Planungsbereich erfolgen. Unabhängig davon, dass die vorgeschriebene Punktebewertung für einen Baum (31 Pt. pro qm Trauffläche (Fn 24)) der ökologischen Vielfalt von Bäumen nicht annähernd gerecht werden, gilt dies umso mehr für die verschiedenen Lebenserwartungen oder die nicht nur stadtplanerisch oft vernachlässigte Eigenschaft von Bäumen, zu wachsen und ihre Ausmaße zu ändern.

Was aber ebenfalls in eine vielseitige und phantasiereiche Abwägung gehört, sind die sozialen Funktionen von Bäumen. Aus allerfrühester Zeit berichtet die Sage von einer Bedeutung von Bäumen. Der griechischen Mythologie zufolge gabe es im Garten der Hesperiden gab einen lebensspendenden Apfelbaum, im Garten Eden einen Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen, beide Bäume übrigens in Gemeinschaft mit einer wachsamen Schlange. Später dienten Bäume z.B. als Gerichtslinde. Aus dem 17. und 18. Jahrhundert ist bekannt, dass nach Maßgabe fürstlicher und majestätischer Erlasse Hochzeitsbäume zu pflanzen seien (Fn 25). Sie begründeten sich also nicht etwa in seinerzeit noch nicht etabliertem Naturschutzrecht, um die Idylle der Landschaft zu steigern, sondern dienten feinsinnigerweise zum grünökonomischen Ausgleich des für den Hausrat benötigten Holzvolumens.

Hochzeitsbaumpflanzungen gibt es wieder, wenn auch aus gemeinschaftlicher Freude und Erinnerung an das zugrundegelegene Geschehen und nicht zwingend festgelegt auf die freie Landschaft. Heute dienen Bäume im Siedlungsraum vor allem als Stadtbildgestalter, Schattenspender oder Treffpunkt für Menschen, können also das soziale Klima befördern. Meteorologisch gesehen tragen sie - nicht nur als CO2-Senke - zur Bildung des Stadtklimas bei. Großvolumige Hecken schützen Menschen und Gebäude nicht nur vor Sturm, sondern führen auch zu morgendlicher Vogelstimmenvielfalt. Als Geräuschhindernis ist die Wirkung hingegen eher bescheiden. Hecken und Bäume helfen aber auch ideenreichen Architekten, ihre Kreationen und deren bauliche Strukturen besonders hervorzuheben und weniger ideenreichen Architekten, ihre Schöpfungen tunlichst vor dem öffentlichen Blick zu verbergen. Abwägungen können bis dahin gehen, ob das Farbenspiel eines Feldahorns übers Jahr das unumgängliche Laubfegen im Herbst rechtfertigt oder nicht. So kompliziert kann das grün-soziale Milieu in aller Regel aber nicht sein, daß man stattdessen Grün auf Kosten der Landwirtschaft schaffen müßte.

Wer sich mit Freude einen stadtbildprägenden Baum beschaut, wird, dadurch verzückt, also kaum die abstrakte Aussage wagen, wie schön doch die dort befindlichen 3000 Ökopunkte seien. Geschähe das doch, sorgte das gewiß für allgemeines Befremden oder entlarvte Beifallspender als exemplarische Naturschutzbürokraten.

Inzwischen ist zu verzeichnen, dass auch siedlungsnah „Friedwald“ angelegt werden soll, also Waldbestand, in dem Menschen per Urne ihre dauerhafte Ruhe mitten im Leben der Gemeinschaft finden sollen. Auch die damit ehedem verbundene Aufregung bzw. „bleibende Bedenken“ (Fn 26) vereinzelter Kirchenfunktionäre konnten - gottseidank - diese inzwischen Praxis gewordene Idee nicht beenden. Fruchtlos war auch in föderaler Vielfalt der Protest der Kölner Innung der Bildhauer und Steinmetze gegen die Einrichtung eines Friedwaldes, diese Form der Totenbestattung entbehre jeglicher Trauerrituale, was einen enormen Verlust für die Gemeinde darstelle (Fn 27). All dies, wie eben auch die ökonomischen Interessen der Kommune, der Naturschutz, der Wasserschutz oder die Einbettung in die abendländische Bestattungskultur, würde selbstverständlich Gegenstand einer vielseitigen Abwägung (Fn 28) und ist zu diesem Zwecke hier angeführt.

  • Grünflächen braucht man aus sozialpolitischer Sicht als strapazierfähige Sport- und Erholungsflächen. Der konkrete Bedarf, verbunden mit öffentlich sozialem Benefit, ist in die Abwägung (z.B. Grünflächen-Anlage oder Beibehaltung eines geschotterten Parkplatzes) genauso einzustellen wie die Tatsache, dass die Anlage von Grünflächen je nach Artenvielfalt auch mehr oder weniger ökologische Aufwertung hervorruft.

Planerische Vielfalt statt planerischer Punktsieg gegen die Landwirtschaft

Umweltprüfungen für die Schaffung eines Siedlungsraumes müssen auch die landwirtschaftlichen Flächen umfassen. Nur so kann eine umfassende Integration von Beeinträchtigung und Ausgleich in eine Bauleitplanung erfolgen und dem Ausgleichsgebot (sei es funktional oder als Ersatz) innerhalb der Gesamtplanung gerecht werden, anstatt als isoliert abstrakte Größe. Ein derartiger Ansatz vermeidet Ausgleichs- und Ersatzdefizite, aber gleichzeitig Unverhältnismäßigkeiten, die eine Nichtigkeit einer Planung zur Folge haben könnte (Fn 29).

Da nirgends vorgeschrieben ist, dass Ausgleichsflächen nicht auf verschiedenste - freilich unschädliche - Weise mehrfach genutzt werden dürften (Fn 30) und die dadurch eröffneten Kombinationen und Anlässe nahezu unzählig sind, ist es weit überfällig, dieses planungspolitische Feld im Siedlungsbereich entsprechend zu bestellen, bevor man im unbesiedelten Bereich die standortgerechte landwirtschaftliche Bestellung von Agrarflächen unnötig in Frage stellt.

Tilman Kluge, Bad Soden Ts.31.3.2012

Fußnoten
1 §30 BNatSchG v. 29.07.2009 BGBl. I S.2542, auch 06.12.2011 BGBl. I S.2557
2 §13 HAGBNatSchG idF v. 20.12.2010 (GVBl. II 881-51) iVm §30 BNatSchG idgF
3 BNatSchG v. 20. 12. 1976: BGBl. I 1976, S. 3574
4 §13 ff. BNatSchG v. 29.07.2009 (...)
5 §14 ff. BNatSchG v. 29.07.2009 (...)
6 Abweichend von der üblichen, aber falschen Diktion, wird fast immer von auszugleichenden Beeinträchtigungen die Rede sein. Denn nicht jeder Eingriff bewirkt zwingend einen Schaden so wie nicht jeder Angriff gegen ein Ding zu dessen Schaden führt.
7 Richtl. z. Bemessung der Abgabe b. Eingriffen in Natur und Landsch., StAnz. 1992 S.1437
8 wie v.g. Ziff. 2.2.3
9 KV v. 01.9.2005, GVBl. I 5,624
10 Siehe aber KLUGE, T. : Unsuitability of complex abstract parameters (EPV) as standards for extents of natural functions' restoration; VII Congr. INTECOL Florenz 1998
11 ders. : Zur Berechnung eines Kostenindexes (KI) zum Biotopwertverfahren (AVO zu §6b HENatG), Bad Homburg 1998
12 vgl. auch OVG Münster v. 07.10.2009 — 3 K 883 / 08
13 Siehe §9 BauGB
14 §10 Abs.6 iVm §34 Nr.2f HAGBNatSchG,
15 §15 Abs.3 BNatschG, §1a Abs.2 Baugesetzbuch — BauGB idF v. 23. September 2004 (BGBl. I S. 2414), 22. Juli 2011 (BGBl. I S. 1509)
16 §2 Abs.3 KV
17 BVerwG v. 23.4.1997, NVwZ 1997, 215 Leitsatz, BVerwG v. 7.11.2007, BauR 2008, 329 - Zitat und LS
18 VGH BW, Urteil vom 17. Mai 2001, ZfBR 2002, 168 - LS
19 Die nach §135a BauGB auf die späteren Bauherrschaften umgelegt werden können
20 §1 Abs.7 BauGB
21 OVG Saarl, NU, 21.03.95, - 2_N_3/93 - SKZ_95,275 -281 = SKZ_95,251/11 (L)
22 §1 Abs.5 BauGB
23 Nr.02.400 Anl.2 zur KV
24 Nr.04.100 Anl.2 zur KV
25 HESSEN-CASSEL, Landgraf Carl zu: Baumpflanzordnung 1724, in Gäste Journal 14‚ Juni/Juli 1993‚ S. 34; Korbach 1993
26 Kirchenamt der EKD, Herausforderungen evangelischer Bestattungskultur (Diskussionspapier), März 2004
27 CARIS, M., Kritik wird laut am Friedwald, Kölnische Rundschau 27.01.11
28 vgl. auch Lt. Protokoll 16/123 1.2.2007, TOP 5 S. 8549 (Erste Lesung GesetzEntw. Friedhofs- und Bestattungsgesetz — (FBG), Drs. 16/6763
29 OVG Saarl, NU, 26.03.96, - 2_N_1/95 - SKZ_96,264/10 (L)
30 OVG Münster v. 17.12.1998 10a D 186/96.NE